talk of the town
: Gute schlechte Nachricht

Donald Trump darf wieder zurück zu Facebook und Meta. Das ist schlecht für das Klima auf den Plattformen. Die Entscheidung zeigt aber, dass sich Facebook an eigene Regeln hält

Hass­ver­brechen, Ver­schwö­rungs­ideo­logie, Demokratie­feindlichkeit: Einen Hetzer wie Trump braucht man da nun nicht auch noch Foto: Marco Bello/reuters

Von Johannes Drosdowski

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump darf zurück zu Facebook und Meta. So schlecht das erst mal für die USA, das Klima in sozialen Medien und generell den politischen und sozialen Umgangston weltweit sein mag: Es ist ein gutes Zeichen. Denn es bedeutet, dass die Kon­troll­mechanismen des Konzerns zumindest teilweise greifen.

In der Nacht auf Donnerstag teilte Nick Clegg, der Politikchef von Meta, in einem Blogeintrag mit, dass die Sperre von Trump in den kommenden Wochen aufgehoben wird. Diese war Trump nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 in Washington auferlegt worden. Denn in den sozialen Medien zeigte er sich als Unterstützer der gewaltbereiten Radikalen und schürte – im Verständnis vieler Plattformen und Kritiker – sogar die Gewalt. Direkt im Anschluss sperrten Face­book und Instagram seine Accounts, 35 Mil­lio­nen folgten ihm damals auf Face­book.

Einen Präsidenten zu sperren, ist selbst für Facebook-Verhältnisse ein extremer Schritt. Denn egal, wie viel Hass und Gewalt er mit seinen Beiträgen nährt, ist seine Meinung für Millionen im Land, aber im Falle der USA auch für Milliarden weltweit relevant. Direkt nach der Sperrung, die auch andere Plattformen wie Youtube und Twitter veranlassten, mehrte sich daher die Kritik an den Ausschlüssen aus dem öffentlichen digitalen Leben. Nicht nur von Trump-­An­hän­ger*innen, sondern auch von Menschen wie Kreml-Kritiker Alexei Nawalny, der sich über Zensur beschwerte. Aber immerhin war es ein rechter Populist weniger – vorerst.

Gerade weil die Entscheidung so weitreichend war, wurde sie in einem Ex­per­t*in­nen­gre­mi­um von Facebook, dem Oversight Board, beraten. Dieses Gremium unterstützte die Sperre generell, forderte aber, dass sie eine zeitliche Begrenzung haben müsse. Die Trump-Sperrung wurde deswegen vorerst auf zwei Jahre begrenzt.

Im Blogeintrag erklärt Clegg, dass man damals auch beschlossen hatte, am Ende der zwei Jahre eine Risikoeinschätzung vorzunehmen: Können Trump und seine Beiträge weiterhin so gefährlich sein wie in der Zeit kurz vor und nach der Präsidentschaftswahl 2020? Dass Meta diese Einschätzung nun vorgenommen hat, ist ein gutes Zeichen. Das Ergebnis ist, dass das Risiko gesunken sei. Dem würden viele widersprechen. Zumindest muss man anerkennen: Das Risiko ist immer noch verdammt groß. Hassverbrechen, Verschwörungsideologie, Demokratiefeindlichkeit sind noch immer Probleme für die USA und viele andere Gesellschaften. Einen Hetzer wie Trump braucht man da nun wirklich nicht auch noch. Besonders wenn er auch gewaltbereite An­hän­ge­r*in­nen hat, die der QAnon-Ideologie folgen und Trump für den Erlöser halten. Doch Meta hat sich an seine eigenen Regeln gehalten und das ist mehr, als man aktuell bei anderen Social-Media-Unternehmen sieht, etwa bei Twitter, bei dessen neuen Regeln und Regelrückziehungen man kaum noch mitkommt.

Für Unternehmen, die Werbung verkaufen, hat Hetze auch einen Reiz

Wenn Meta sich weiterhin an seine Richtlinien hält, könnte es mit Trump auf Facebook und Meta übrigens bald wieder vorbei sein. Denn als potenzieller Wiederholungstäter muss er dort mit schnelleren und stärkeren Strafen rechnen. Laut Clegg könnten manche seiner Beiträge nicht mehr in die Feeds seiner Follower gespült werden. Es drohen zudem weitere Sperren „zwischen einem Monat und zwei Jahren“.

Die Glaubwürdigkeit dieser Aussagen ist aber fragwürdig. Damals, vor dem Sturm aufs Kapitol, hatten soziale Medien über Trumps hasserfüllten, verlogenen und verleumderischen Ausfälle hinweggesehen. Eine große Zahl von Followern ist für Unternehmen, die Werbung verkaufen, eben immer ein Anreiz, gefährliche Nut­ze­r*in­nen zu tolerieren und ihre Präsenz auf der Plattform im Zweifel sogar zu stärken. Auch für Trump, dessen Anwalt erst kürzlich gefordert hatte, dass er zurück zu Facebook und Ins­ta­gram darf, gibt es starke finanzielle Anreize: Denn dort generierte sein Team laut dem Leiter der Digitalkampagne einen Großteil der Spenden, mit denen der Wahlkampf 2016 finanziert wurde.