Neue Frist wendet Krise in Kongo vorerst ab

Mandat der Übergangsregierung verlängert, Wahlen für Frühjahr 2006 anvisiert. Furcht vor Gewalt herrscht weiter

KINSHASA taz ■ In der Demokratischen Republik Kongo hat die Vorbereitung freier Wahlen begonnen. Das Übergangsparlament in der Hauptstadt Kinshasa beschloss am Freitag in einer Sondersitzung, die geltende Übergangsfrist bis zum Ablauf der Amtszeit der amtierenden Allparteienregierung um vorerst sechs Monate zu verlängern. Sie wäre ansonsten am 30. Juni abgelaufen.

Im nächsten halben Jahr soll dann die Wählerregistrierung und ein Verfassungsreferendum stattfinden, bevor nach einer zweiten Verlängerung um sechs Monate die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Zeitraum März bis April 2006 folgen sollen. Der Parlamentsbeschluss entschärft die politische Krise nicht, die durch Ankündigungen ziviler Oppositionsparteien entstanden ist, die amtierende Regierung ab 30. Juni nicht mehr anzuerkennen.

Nach wie vor ruft die Opposition ab diesem Termin zu Protesten auf, und die Regierung zieht in Kinshasa massiv Sicherheitskräfte zusammen, um das zu unterbinden.

Neuester Beitrag dazu sind angolanisch ausgebildete Spezialkräfte, die martialisch in abenteuerlichen schwarzen Uniformen und Helmen mit getöntem Visier herumfahren.

Im Umland von Kinshasa soll Angola Truppen zur Unterstützung der kongolesischen Regierung zusammengezogen haben. Zahlreiche Ausländer haben Kinshasa bereits verlassen oder bereiten die Ausreise vor.

Dennoch soll heute die Wählerregistrierung beginnen – zunächst in sechs Innenstadtdistrikten von Kinshasa, wie Wahlkommissionschef Apollinaire Malu-Malu am Samstag ankündigte. Kongo hat mit knapp 60 Millionen Einwohnern geschätzte knapp 30 Millionen Menschen im wahlfähigen Alter.

Die Registrierung wird sich über Monate hinziehen und kann nicht in allen Landesteilen gleichzeitig stattfinden. Allein für Kinshasa ist eine Registrierungsfrist von fünf Wochen vorgesehen. Die Wähler bekommen modernste Wählerausweise mit Fingerabdruck und computergespeicherten Daten; ursprünglich waren sogar biometrische Merkmale vorgesehen, bevor das aus Kostengründen wieder gestoppt wurde. Um die Wähler auf den Beginn der Registrierung aufmerksam zu machen, fahren Blasorchester der Wahlkommission unter Polizeischutz durch die Hauptstadt Kinshasa und werfen mit Flugblättern um sich, die von Straßenkindern eingesammelt und einer anderen Verwendung zugeführt werden.

Malu-Malu äußerte sich im Rahmen einer feierlichen Zeremonie unter Leitung der Wahlkommission, auf der Vertreter der 221 registrierten politischen Parteien des Kongo einen Pakt zum Gewaltverzicht und gegenseitigen Respekt vor, während und nach der Wahlen unterzeichneten.

Der „Code de Bonne Conduite“, eine Art Ethik-Kodex, der unter anderem mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung erarbeitet wurde, verpflichtet die Unterzeichner unter anderem dazu, Hasspropaganda zu unterlassen, einen friedlichen Wahlkampf zu führen, das Wahlergebnis anzuerkennen und sich innerhalb der Gesetze zu bewegen. „Wir brauchen Frieden und Gelassenheit“, erklärte der Wahlkommissionschef. Zuvor hatten die Parteienvertreter ihn ausgebuht. DOMINIC JOHNSON