Helmut Höge Wirtschaftsweisen: Genau!Null Problemo!
In Vorträgen oder bei längeren Ausführungen hört man immer öfter das 1977 von Eckard Henscheid geprägte „Genau“! So, als will der Redner damit sagen, dass er mit dem zuvor Gesagten zufrieden ist. Leider warte ich als Zuhörer dabei nur noch auf das nächste „Genau!“ und höre nicht mehr auf das übrige Gesagte. Bei den jungen Amerikanern breitete sich zur selben Zeit ein laufend eingeschobenes „like“ in ihren Erzählungen aus. Sie waren nicht wütend, sondern like [irgendwie] wütend. Ihre Psychotherapeuten macht das wahnsinnig.
Von einer Bekannten, bei der ich vergessen hatte, etwas für sie zu erledigen, hörte ich 2022 das erste Mal „Alles gut!“ Im Internet erfuhr ich dann zweierlei: Zum einen wurde die Wendung in zig angloamerikanischen Einträgen dem Deutschland-Touristen erklärt, d. h. wann und wo es angebracht ist und wo und wann nicht, zum anderen waren diese zwei Wörter bereits von allen Intelligenzblättern kritisiert worden, allerdings nur in seiner Frageform: „Alles klar?“ Was nach Meinung der Journalisten soziale Kälte und Gleichgültigkeit bedeute, also dass der so Fragende alles andere als eine ehrliche Antwort von seinem Gegenüber erwarte, ähnlich wie bei der Frage „Na, allet schick?“ oder „Alles Paletti?“
Antworten auf Pseudofragen
Neulich erstellten meine Freundin und ich eine Liste möglicher Antworten auf solche Pseudofragen, die man auch als Antwort zurückgeben kann – mit Ausrufezeichen: „Ja, alles paletti!“ oder „Kein Problem!“ oder „Null Problemo!“, „Alles in Butter!“, „Logo!“, „Klaro!“ „Alles okay!“, „In Ordnung!“, „Alles im grünen Bereich!“ oder „Alles Roger!“ Da kam einiges an Phrasen zusammen und bei meiner Freundin Freude auf: „Schön, zur Abwechslung mal ein produktiver Abend und kein konsumistischer“, sagte sie. „Jetzt müssen wir noch herausfinden, wann die Phrasen aufkamen und wie sie sich verändert haben – oder auch nicht.“
Die Wendung „Alles paletti“ ist laut dem Wiktionary „seit dem 20. Jahrhundert bezeugt“, so hieß 1985 ein TV-Spielfilm nach einer Novelle von Leonhard Lentz. Der 1887 gestorbene Autor war ein Altphilologe und Gymnasialprofessor. Die im Fußballmilieu angesiedelte Filmhandlung bezeichnet das Lexikon des internationalen Films als „humorvolle und ironische Schilderung der Nöte eines Heranwachsenden, ebenso einfühlsam wie leichthändig erzählt.“
Das umgangssprachlich saloppe „Null Problemo“ heißt so viel wie „Das ist kein Problem“, meint der „Redensarten-Index“ und erklärt dazu: „Diese seltene Redewendung wird bei Bilanzierung einer Unternehmung verwendet. Der erste Beleg aus dem Jahr 1911 weist auf einen Ursprung in der Börsensprache hin: „Die Ohio-Aktien sind in Amsterdam gekauft und in Berlin verkauft, und trotz der hohen Spesen geht das Geschäft – wie man zu sagen pflegt – null auf null auf“.
Von Alf gelernt
Da hat also eine neodeutsche Bedeutungsverschiebung stattgefunden, mindestens eine Erweiterung. Denn laut universal-lexikon.de-academic.com hat „dieser besonders in der Jugendsprache verwendete Ausdruck die Bedeutung von ‚kein Problem‘. Er stammt aus der deutschen Synchronisation der US-Fernsehserie ‚Alf‘, in der ein Wesen von einem anderen Stern bei einer US-Familie lebt und durch eigenwilliges Verhalten, seine Vorliebe für Katzen als Hauptgericht und eine schnodderige Ausdrucksweise für Komik und Unterhaltung sorgt.“
Karin Schrag schreibt in ihrem Blog „Null problemo, oder: Sei kein Alf!“, dass, wo immer sie auch ist, „im Gespräch mit der Klassenlehrerin, im Hotel in den Bergen, auf dem Campingplatz im Ausland: Ein Ausdruck begegnet mir immer und überall. Es ist ein Ausdruck, der auf den ersten Blick positiv erscheint. Ein Ausdruck, der mir sagen will: ‚Es ist alles in Ordnung!‘ Und doch bringt er Probleme mit sich – allein deshalb, weil Probleme Teil von ihm [Alf] sind.“
Der Ausdruck „Alles in Butter“ ist laut Wikipedia eine Redewendung und bedeutet etwa „Alles in Ordnung“. Sie bezieht sich wahrscheinlich auf frühere Hinweise, dass Speisen mit guter Butter anstatt billiger Fette zubereitet wurden oder wie heute mit teurem Olivenöl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen