Sat.1 sucht einen neuen, sanfteren Aufpasser

ZWIST Der Privatsender wäre gern einen Teil seines Programms los und streitet mit der Medienaufsicht

Warum braucht es 14 Anstalten, um ein bundesweit organisiertes Privatfernsehen zu beaufsichtigen?

Falls sich jemand derzeit mal wieder fragen sollte, wozu es eigentlich in Deutschland in fast jedem Bundes eine eigene Landesmedienanstalt zur Beaufsichtigung des privaten Rundfunks braucht, findet in diesen Tagen eine naheliegende Antwort: Zu vierzehnt streitet es sich einfach netter, als wenn eine einzige bundesweite Privatfunkaufsicht die offenen Fragen zu klären hätte.

Vorwurf der Kungelei

Aktuell tobt ein Zwist um Sat.1. Wie alle großen privaten Vollprogramme – das sind nach der alten Faustregel alle bundesweiten Sender, die irgendwie auch Nachrichten oder Reste davon im Programm haben – muss nämlich auch Sat.1 Sendezeit für sogenannte unabhängige Dritte zu Verfügung stellen und Regionalfenster anbieten. Diese haben dann eine eigenen Sendelizenz, bezahlen darf den Spaß aber das jeweilige Hauptprogramm. In Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, wo das in München ansässige Sat.1 bislang stellvertretend für die ganze BRD lizenziert ist, heißt der unabhängige Dritte seit Jahren Josef Buchheit. Dessen Produktionsfirma News and Pictures liefert für Sat.1 Sendungen wie „Planetopia“ oder das sonntägliche Morgenmagazin „Weck up“. Und das soll so bleiben, hatte die für Rheinland-Pfalz zuständige Landesmedienanstalt Ludwigshafen (LMK) Mitte April beschlossen und die Lizenz für News and Pictures ab Juni 2013 ein weiteres Mal verlängert. Sat.1 ist strikt dagegen und behauptet nun auch schon seit Jahren, Buchheit produziere viel zu teuer. Zudem lässt man am Rande durchblicken, der Produzent sei ein Spezl der Ludwigshafener und der Mainzer Landesregierung, die ihn stets wieder durchwinkten – der Sender will klagen. So weit, so wie immer.

Doch diesmal gingen Sat.1 und der dahinter stehende TV-Konzern ProSiebenSat.1 (auch Kabel 1, Sixx) parallel noch ein bisschen weiter: Denn auch bei Sat.1 steht eine Lizenzverlängerung ab 2013 an – und der Sender beantragt sie jetzt einfach woanders, bei der für Schleswig-Holstein und Hamburg zuständigen Landesmedienanstalt MA HSH. Das durchsichtige – wenn auch unbestätigte – Kalkül bei Sat.1 lautet, hoffentlich mit weniger Auflagen und vor allem billiger wegzukommen als bei der LMK und mit Buchheit. Nur: Darf der Sender das?

Am Dienstag konnte sich die zuständige Anstaltskommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) nicht einigen und vertagte ihre Entscheidung auf den 26. Juni.

In der ZAK tobt jetzt Streit, ob mit so einem Lizenzwechsel dann auch eine neue Ausschreibung der Drittsendezeiten erfolgen müsste – Sat.1 also Buchheit vermutlich los wäre. Die LMK sagt – welch Wunder! – nein. Die anderen lassen jetzt noch mal prüfen. Denn auch bei ihnen geht es natürlich um handfeste Eigeninteressen: Die Frage, wozu man 14 Landesmedienanstalten – bisher kooperieren nur Berlin und Brandenburg sowie eben Hamburg und Schleswig Holstein – braucht, um ein im Prinzip bundesweit organisiertes Privatfernsehen zu beaufsichtigen, ist fast so alt wie der Konflikt zwischen Sat.1 und Buchheit. Wer einen großen Privatsender betreut, hat natürlich mehr Prestige und Macht als Anstalten, die gerade mal ein paar lokale Radiostationen überwachen. Um Macht und Prestige geht es daher auch in diesem Konflikt.

Der große Aufseher kommt

Sat.1 leistet deshalb mit seiner Volte einen so unfreiwilligen wie wertvollen Beitrag zur überfälligen Reform der Medienaufsicht: Das Gezänk in ZAK & Co macht klar, wo die Reise bei allen Widerständen der 14 Anstalten hingeht: zu einer gemeinsamen, zentralen Privatfernsehaufsicht in einer Medienanstalt der Länder. STEFFEN GRIMBERG