Neulinge wollen immer mitstimmen

STIMMVERZICHT Die Piratenpartei will im Kieler Landtag kein Pairing-Abkommen eingehen

Schnupfenviren stoppen Gesetze, bei Bundesratssitzungen droht Machtverlust: Die Mehrheit von einer Stimme, über die eine künftige Regierung Schleswig-Holsteins aus SPD, Grünen und dem SSW verfügen würde, könnte wackliger sein als gedacht. Gestern teilte die Piraten-Fraktion mit, sie stünde für ein „Pairing“ – ein freiwilliger Stimmverzicht, wenn Abgeordnete einer Regierungsfraktion krank oder verhindert sind – nicht zur Verfügung.

„Pairing-Abkommen zementieren die überkommenen Blockabstimmungen, die wir überwinden wollen“, begründete Fraktionschef Patrick Breyer, warum die Piraten eine entsprechende Anfrage des SSW abgelehnt hatten. „Wir sehen es als unseren Auftrag an, auch zufällige Chancen zu nutzen, um den Schleswig-Holsteinern zu dienen oder Schaden von ihnen abzuwenden.“

SSW-Sprecher Lars Bethge war gestern „guter Dinge“, dass sich „eine Gesamtlösung finden lässt“, also ein Abkommen zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen jenseits der Zweier-Paarungen. „Pairing ist ein Gebot der Fairness“, sagte er. „Es ist schade, dass die Piraten sich nicht daran halten und sogar Krankheiten ausnutzen wollen.“ Auch der SSW habe angesichts der langen Krankheit eines CDU-Abgeordneten auf eine Stimme verzichtet. „Gespräche laufen“, so der SSW-Sprecher.

Katharina Loedige, parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion, erklärte auf taz-Anfrage: „Wir haben mit dem Pairing mit der SPD gute Erfahrungen gemacht. Das Pairing mit der SPD wird bestehen bleiben.“ Wie sich die Piraten verhielten, „tangiert uns nur peripher“, so Loedige. Johannes Callsen (CDU) sagte dagegen, seine Fraktion werde „im begründeten Abwesenheitsfall“ eines Mitgliedes der Regierungsfraktionen „sicher stellen, dass die Mehrheitsverhältnisse gewährleistet bleiben“.

Das Pairing gilt als „parlamentarischer Brauch“, wird aber unterschiedlich gehandhabt. So verweigerten sich SPD und CDU in Schleswig-Holstein das Verfahren gegenseitig. Und nachdem die jetzige schwarz-gelbe Regierung für ungesetzlich erklärt worden war, waren die Grünen nur noch bei Krankheit eines CDU-Abgeordneten zum Stimmverzicht bereit.  EST