Vermieter sortieren Ethnien

Eine Duisburger Wohungsbaugesellschaft vermietet bestimmte Wohnungen nicht an Migranten. Deutsche Mieter sollen nicht verschreckt werden. Das ist Alltag auf dem Mietmarkt an der Ruhr

von MIRIAM BUNJES

Die Wohnung gefiel dem deutsch-türkischen Ehepaar J. sofort. Außerdem wollte der Vormieter so bald wie möglich ausziehen, sie mussten also nur mit der Duisburger Gemeinnützigen Baugesellschaft (Gebag) den Mietvertrag abschließen. Doch der Umzug ist gescheitert.

„Diese Wohnung wird nicht an Türken vermietet“, habe man ihnen mitgeteilt, berichtet das Ehepaar im Duisburger Antirassismus-Informationszentrum. Dort verfasste man einen Beschwerdebrief, in dem die Gebag um Aufklärung gebeten wird.

Im Antwortschreiben, das der taz vorliegt, wird deutlich, dass der Fall J. Prinzip hat: Man bedaure es, „wenn deutsche Mieter sich bei uns beschweren und sogar aus unseren Wohnungen ausziehen, weil türkische Mitbürger in das Haus eingezogen sind.“ An dieser Tatsache könne man jedoch nichts ändern. „Da wir uns den Leerstand von Wohnungen (...) nicht leisten können, müssen wir leider bei der Vermietung freier Wohnungen auch auf solche Entwicklungen achten und diese berücksichtigen.“

Die Gebag bietet dem Paar im Brief „weitere Wohnungen“ an und betont, selber keine Vorbehalte zu haben. „Unsere Absicht war lediglich, Sie davor zu schützen, dass Sie von der übrigen Hausgemeinschaft und Nachbarn abgelehnt und diskriminiert werden“, schließt der Brief.

Das Paar allerdings weigert sich, jemals wieder eine Gebag-Wohnung anzumieten und fühlt sich von der Gebag diskriminiert.

„Wir müssen darauf achten, dass die Hausgemeinschaften zusammenpassen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Gebag, Dietmar Cremer. Es gebe eben derart viele leere Wohnungen in Duisburg, dass Mieter von einen Tag auf den anderen eine neue finden. „Wir können es uns nicht leisten, Mieter zu verlieren“, sagt Cremer. „Einige finden es abschreckend, mit Ausländern zusammen zu wohnen, andere würden sofort ausziehen, wenn Familien mit kleinen Kindern einziehen.“ Ghettos wolle man natürlich nicht schaffen. „Es gibt für uns ebensowenig Türken freie Straßen wie Deutschen freie“, sagt Cremer. „Wir nehmen lediglich in Einzelfällen Rücksicht auf die alten Mieter.“

Für Harmut Reiners vom Duisburger Antidiskriminierungs-Zentrum ist der Fall J. eindeutig: „Wäre das Antidiskriminierungsgesetz schon in Kraft, wäre die Gebag dran.“ Derart eindeutige Fälle von Diskriminierung seien allerdings selten auf dem Wohnungsmarkt. „Vermieter sagen in der Regel einfach, dass die Wohnung schon vergeben ist“, sagt Reiners. „In einigen Stadtteilen ist es für Menschen mit Migrationshintergrund unmöglich eine Wohnung zu finden.“

Ein Phänomen, das überall im Ruhrgebiet auftritt. „Bei den meisten großen Wohnungsgesellschaften gibt es interne Anweisungen, bestimmte Wohnungen nicht an Migranten zu vermieten“, sagt Eichart Hoffmann vom Mieterforum Ruhr. Wegen diesen alltäglichem Diskriminierungen hätten sich die Mietervereine schließlich dafür stark gemacht, dass der Punkt „Diskriminierung beim Wohnen“ ins Antidiskriminerungsgesetz aufgenommen worden ist.

Es sei aber nicht nur das Vermieterverhalten dafür verantwortlich, dass manche Viertel im Ruhrgebiet einen Ausländeranteil von mehr als 50 Prozent hätten und andere einen von weniger als einem, so Hoffmann. „Viele Migranten wohnen gerne mit Landsleuten zusammen.“

Obwohl der Mieterschützer die Diskriminierung von Mietern natürlich schon von Berufswegen ablehnt, hat er durchaus Verständnis für das Dilemma der Vermieter. „Überall im Ruhrgebiet gibt es leere Wohnungen, deshalb gehen die Vermieter auf die Vorbehalte der deutschen Mieter ein.“ Außerdem könne es in multikulturellen Hausgemeinschaften aufgrund der unterschiedlichen Lebensrhythmen tatsächlich zu Konflikten kommen, denen die Wohnungsbaugesellschaften so versuchten aus dem Weg zu gehen.

In Dortmund setzt die Arbeit der AntidiskriminierungskämpferInnen deshalb bei den MieterInnen in den Stadtteilen im Dortmunder Süden an. Dort, wo es für MigrantInnen „so gut wie unmöglich ist eine Wohnung zu finden, selbst wenn sie sie kaufen wollen“, haben Mitarbeiter des Antidiskrimierungsprojekts des Planerladens, großflächig plaktiert: „Ausländer sind hier willkommen“.

Das Projekt existiert schon seit acht Jahren und holt regelmäßig wohnungspolitischen Akteure auch aus anderen Ruhrstädten an einen Tisch. „Das Ruhrgebiet muss gemischter werden“, fordert Leiterin Tülin Kabitz-Staubbach.

Einige Nationalitäten kämen nicht miteinander zurecht, sagt dagegen Arndt von Horn. Sprecher der Essener Wohnungsgesellschaft Allbau. „Wir achten darauf, dass die Mieter in unseren Häusern zusammen passen.“