brief des tages
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Bildungsungerechtigkeit

„Wider die föderale Bildung“,

taz vom 8. 12. 22

Wenn über Föderalismusreformen nachgedacht wird, darf nicht übersehen werden, dass Bildungsungerechtigkeit im deutschen Bildungssystem strukturell verankert ist. Es handelt sich um ein viergliedriges Segregationssystem (Förderschule, Haupt-, Real/Mittelschule und Gymnasium), in dem die Ausgrenzung (spätestens ab Klasse 4) zu erfüllen ist. Die Selektion basiert immer noch auf der Einschätzung von Lehrkräften zum vermuteten (!) Bildungserfolg der ihnen anvertrauten Lernenden. Die Anstrengungen von Familien und deren Bildungsressourcen werden durch einen „kolonialen Blick“ nicht berücksichtigt. Diejenigen, die dann mit großen persönlichen Anstrengungen auf dem „zweiten Bildungsweg“ trotz allem Bildungserfolge erzielen, sind im „ersten Bildungsweg“ nicht nur nicht angemessen gefördert, sondern gezielt selektiert worden. Die Verteilung von Geldern wird dieses Grundproblem daher leider nicht auflösen. Die von Ihnen gewünschte Föderalismusreform macht nur Sinn, wenn das Schulsystem auf Ausgrenzungen verzichtet und alle Lernende mit ihren individuellen Möglichkeiten gefördert werden. Martina Hehn-Oldiges, Niederweimar