wortwechsel
: Netzwerk Reichsbürger: nur bewaffnete Spinner?

Wie gelangten so viele Rechts­ex­tre­mis­t:in­nen in „staatstragende“ Funktionen? Hätten die Alarmglocken der demokratischen Parteien nicht viel eher „Bundesalarm“ anzeigen sollen?

Reichsbürger-Razzia: Hubschrauber der Bundespolizei mit festgenommener Person an Bord. Die Haftprüfungen finden am Bundesgerichtshof in Karlsruhe statt   Foto: Uli Deck/dpa

Zu lange weggeschaut

„Wer ist hier gefährlich?“,

taz. am Wochenende vom 10. 12. 22

Mitgliedern des rechtsextremistischen Netzwerkes wird vorgeworfen, einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland vorbereitet zu haben. Diese Enthüllungen zeigen erneut, dass unser Staat massiv von rechts bedroht wird, was seit langem bekannt ist, was aber vor allem von den rechtslastigen Parteien wie CSU, CDU und FDP immer verharmlost und nie ernst genommen wurde. Im Zuge dieses Schmusekurses mit den rechten Bewegungen und der AfD konnten sich diese Netzwerke ungestört entwickeln. Auffällig, dass auch immer wieder staatliche Sicherheitskräfte involviert sind.

Großer Aufschrei aus den genannten Parteien aber, wenn sich Klimaaktivisten auf die Straße kleben. Dann droht die Welt zusammenzubrechen. Hier müssen sofort schärfere Gesetze her, und die jungen Leute sollen am besten gleich in den Knast – politische Kriminalisierung von ungeliebten Oppositionellen wie das schon in APO-Zeiten üblich war. Auch diesmal ist die Bildzeitung bei der Meinungsmache ganz vorne mit dabei.

Conrad Fink, Freiberg a. N.

Gefährliche Bewaffnung

„Druck ohne Ende auf Verfassungsfeinde. Bundesinnenministerin Faeser drängt auf eine Verschärfung des Waffen- und Disziplinarrechts“,

taz vom 9. 12. 22

Die sogenannten Reichsbürger dienen Frau Faeser nun als Anlass zur Verschärfung des Waffenrechts. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber geht die reelle Bedrohung dieser Republik wirklich von den oft kleinbürgerlich und schräg wirkenden Reichsbürgern aus, denen man bedenkenlos die Hauptrollen in der Muppet-Show überlassen könnte und die auch an die Bewirtschaftung der neuen Reichsregierungskantine durch mit ihnen sympathisierende Starköche denken? Vielleicht, unterschätzen darf man diese Leute sicher nicht, schließlich haben Personen aus deren Umfeld bereits Morde begangen. Genauso wichtig wäre es aber, die erschreckende Gewaltkriminalität im Alltag schnell und entschieden zu bekämpfen. Dazu gehört ein striktes Verbot von Hieb- und Stichwaffen, das auch durchgesetzt werden muss, denn zu erschreckend sind Zahl und Brutalität der nicht abreißenden Messerattacken. Da sollte die Bundesregierung genauso ansetzen, wie sie das nun mit dem Waffenrecht im Zusammenhang mit den Reichsbürgern vorhat. Claus Reis, Schwabach

Quatsch mit Adel

„Die Putschpläne des Prinzen“,

taz vom 8. 12. 22

Im Rahmen der Berichterstattung über die Razzia gegen die „Reichsbürgerszene“ ist mir aufgefallen, dass immer wieder von „Prinz Heinrich“ geschrieben und dieser mit „An ihrer Spitze: ein abgedrifteter Adliger“ sogar in diesen Adelsstand erhoben wird. Nach meiner Kenntnis gibt es seit über 100 Jahren, seit dem 14. August 1919, in Deutschland keine Adelsprivilegien und Adelstitel mehr. Im Gegensatz zu Österreich, ist es in Deutschland aber erlaubt, den „alten Titel“ als Namensbestandteil im Nachnamen zu behalten. Im Gegensatz zu Prinz Harry ist Prinz Reuss eben kein Prinz. Vielleicht hat man dies auch so erlaubt, um die in Deutschland vertretene Obrigkeitshörigkeit nicht ganz aussterben zu lassen. Man sollte daher nicht die falschen Leute „adligen“, wenn man nicht als „alte weiße Zeitung“ gelten will. Vielleicht besser die Menschen im Kranken- und Pflegedienst, die sind zwar auch nicht adlig, hätten es dafür aber verdient. H. Lischka, Markdorf

„Reichsbürger-Razzia: Noch mehr durchsuchte Polizisten. Waren sie vorab über die Ermittlungen informiert?“,

taz vom 12. 12. 22

Waffen, Waffen überall …

Wenn tausende Polizisten involviert sind und wer-weiß-wie-viele Hintergrundmitarbeiter, die sich ja monatelang darauf vorbereiten … also, geheime plötzliche Zugriffe, von denen die Betroffenen nichts wissen können, laufen anders. Mir macht das Angst, wie mit einer ja wirklich großen Gefahr umgegangen wird – Waffen verschwinden schließlich seit Jahren, jetzt durch die Waffenlieferungen in die Ukraine noch mehr.

Und: dreitausend Polizisten verhaften zwei Dutzend Menschen, das ist eine Erfolgsquote? Trotzdem bin ich für diese Aktion in ihrer vielleicht nur scheinbar überdimensionierten Form dankbar.

StefanMaria auf taz.de

Feigenblattgetöse!

Das ist doch Feigenblattgetöse. Falls jemand „auf dem kurzen Dienstweg“ aus dem Dienst entfernt würde, ginge das eh vor Gericht. Und Menschen gegen Einflüsterer und Bauernfänger zu immunisieren, gelingt am Besten durch Ehrlichkeit, Vertrauen und Transparenz. Das gilt für das Volk genauso wie für die Polizei.

Bolzkopf auf taz.de

Vorratsdatenspeicherung, ick hör dir trapsen! Es hätte vielleicht ausgereicht, diese rechten Umtriebe nicht jahrzehntelang zu verharmlosen. Tomás Zerolo auf taz.de

Wer hat sie befördert?

Politisch wird hochgedreht, als habe das Land noch nie von Reichsbürgern, Nazis, noch nie von deren Plänen etwas gehört. Inzwischen ist die Richterin Malsack-Winkemann nun aus dem Richterdienst entfernt worden.

Warum nicht endlich mal die Frage, wie solche Umstürzler und radikale Rechte erst in diese Positionen gelangen können? Bewaffnung und militärische Ausbildung, kein Geheimnis seit Jahren. Feinde des Rechtsstaates von rechts in Justiz, Bundestag, Polizei … Wie wir wissen, werden seit dem Radikalenerlass in der BRD alle überprüft, die im Öffentlichen Dienst angestellt sind – wenn es um Linke geht. Die Nazis als Rechtssprecher in verantwortlichen Positionen oder Staatsdienst sind kein Problem? Jede Kartoffelschälerin bei der Stasi war untragbar …

Roland Winkler, Aue