Liberale haben fertig

Als erste Partei hat die FDP ihr Bundestagswahlprogramm vorgelegt. Niedrigere Steuern, ABM-Stellen und 1-Euro-Jobs weg, Kindergärten gratis

AUS BERLINKLAUS JANSEN

Die FDP ist fertig. Als erste Partei haben die Liberalen ihr Programm für die Bundestagswahl beschlossen. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel verkündete gestern in Berlin, wie sehr es ihn freue und „stolz macht“, schneller als die Konkurrenz die Positionen der Partei festgelegt zu haben. Allerdings liegt das 534 Seiten starke „Wechsel-Lexikon“ zunächst nur Eingeweihten und der Bild-Zeitung vor. Für die Wähler ist es gedruckt Ende kommender Woche zu haben.

Kernstück des freidemokratischen Wechsel-Wälzers ist das Steuerkonzept: Nach dem Bierdeckel-Prinzip soll bei der Einkommensteuer ein Stufentarif von 15, 25 und 35 Prozent gelten, Unternehmen sollen rechtsformneutral mit 15 beziehungsweise 25 Prozent besteuert werden. Kostenpunkt für den Staat: knapp 19 Milliarden Euro.

FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms erklärte gestern erstmals die Gegenfinanzierung. Bis zu sagenhaften 36 Milliarden Euro Einsparpotenzial haben die Liberalen ausgemacht – „äußerst konservativ gerechnet“, wie Solms versichert. Die Ausgabenposten im Bundeshaushalt sollen um 12,5 Milliarden Euro zurückgefahren werden. Ob das, wie die FDP anführt, allein durch den Wegfall von grünen Gutachten zum „Nachhaltigen Waschen“ geschehen kann, ist allerdings fraglich.

Wird „FDP pur“ umgesetzt, dann sollen laut Solms nicht nur die Eigenheimzulage, sondern auch ineffektive 1-Euro-Jobs, Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen abgeschafft werden. 5 Milliarden Euro soll dem Staat eine einstündige Arbeitszeitverlängerung seiner Beamten und Angestellten bringen. Zudem sollen Arbeitnehmer künftig nicht schon mit 65 in Rente gehen dürfen, sondern erst dann, wenn sie 45 Jahre gearbeitet haben.

Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer hat das FDP-Präsidium dagegen in einem Beschluss erneut abgelehnt. „Allein die Diskussion schadet dem Wachstum“, sagte Schatzmeister Solms. Man dürfe das „Tor nicht öffnen“, denn „wenn man den Sozialpolitikern eine neue Kasse anbietet, darf man sich nicht wundern, wenn sie schnell leer ist“. Allerdings muss auch Solms die Macht der CDU-Ministerpräsidenten anerkennen, die ihre Länderhaushalte mit der Steuer sanieren wollen. Man müsse ihm schon eine absolute Mehrheit für die FDP versprechen, damit er eine Erhöhung ausschließen könne, sagte Solms.

Zusätzliche Einnahmen könnte die FDP gut gebrauchen, wenn sie die im Wahlprogramm beschlossenen Wahlversprechen einhalten will. Unter anderem setzen sich die Liberalen – wie auch die SPD – für gebührenfreie Kindergärten ein. Experten schätzen, dass dies pro Jahr rund 500 Millionen Euro kosten würde. Der designierte Koalitionspartner CDU bremst bereits an diesem Punkt: „Wer Kostenfreiheit fordert, muss sagen, wie dies bezahlt werden soll,“ sagte Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan.