Wenn der Gysi dreimal klingelt

KARRIERE Die Bürgerschafts-Fraktionschefin Dora Heyenn zieht es an die Bundesspitze der kriselnden Linkspartei. Entscheidung fällt am Wochenende

Sollte Heyenn neue Bundesspitze werden, muss sie als erstes ein hausgemachtes Problem lösen

Ihre Kandidatur kommt überraschend: Dora Heyenn, seit Einzug der Linkspartei in die Bürgerschaft deren Fraktionschefin, gilt als aussichtsreiche Bewerberin für eine der beiden Positionen in der Doppelspitze der Linken, die bis vor kurzem von Gesine Lötzsch und Klaus Ernst gestellt wurde. Ende voriger Woche verkündete Heyenn, sie werde sich am 2. Juni in Göttingen um den Parteivorsitz bewerben. Da Heyenn bislang nicht auf die Berliner Bühne drängte, war die Ankündigung ein Paukenschlag.

In ihrer Fraktion löst Heyenns Kandidatur geteilte Reaktionen aus – es gibt Zweifel, ob sie die Richtige ist, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Denn Heyenn gilt weder als brillante Rednerin, noch als Meisterin des intellektuellen Disputs. Sie wirkt zudem nach innen nicht immer so integrativ, wie es die auseinander driftenden Strömungen in der Linken erforderlich machen.

Die Stärken der Lehrerin, die lange für die SPD Politik gemacht hat, liegen woanders: Ihre burschikose, ungekünstelte Art kommt an, divenhafte Allüren wie Gregor Gysi oder Oscar Lafontaine kultiviert sie nicht, auch wenn sie mitunter ein wenig oberlehrerhaft daherkommt. Auch in Hamburgs Medienlandschaft genießt Heyenn eine hohe Reputation. Dass die Linke hier, anders als andere Landtagsfraktionen, nicht in innere Grabenkämpfe verstrickt ist, wird gern auf ihrem Konto verbucht.

In Berlin eilt Hayenn ihr guter Ruf voraus – es gibt viele Bundespolitiker, die sie gern als neue Parteichefin sähen. Allen voran Gregor Gysi, der Heyenn mehrfach bekniete, zu kandidieren. Unklar aber ist, mit welchem Partner. Soll sie etwa den umstrittenen Ost-Realo Dietmar Bartsch in die Parteispitze verhelfen, oder seine erfolgreiche Kandidatur gerade verhindern? Für die erste Annahme spricht, das auch Teile des Umfelds von Bartsch Heyenns Kandidatur massiv unterstützen, weil keine der anderen Kandidatinnen so richtig mit ihm aufs Tandem will. Dagegen spricht, dass sowohl Heyenn wie Bartsch als RealpolitikerInnen gelten, beide als Doppelspitze die innerparteilichen Gewichte so weit verrücken würden, dass diese Konstellation als schwer durchsetzbar gilt.

Sollte Heyenn neue Bundesspitze werden, muss sie als erstes ein hausgemachtes Problem lösen: Einige Abgeordnete wollen nicht, dass sie dann Fraktionschefin bleibt, plädieren für die Trennung von Amt und Mandat. Hinter den Kulissen werden bereits zwei Bürgerschaftsabgeordnete als Nachfolgerinnen gehandelt: Die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider und die Stadtentwicklungsexpertin Heike Sudmann.  MARCO CARINI

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