SPD drittstärkste Kraft

Eine neue Umfrage zeigt: Die SPD liegt zwar nicht vorne, aber weiter dicht hinter CDU
und Grünen. Wer Berlin nach der Wiederwahl regieren wird, ist jetzt noch völlig offen

Die Abstände zwischen Grünen, CDU und SPD liegen im Bereich der Fehlerquote

Von Bert Schulz

Bleibt Franziska Giffey (SPD) auch nach dem 12. Februar Berlins Regierende Bürgermeisterin? Das ist die wichtigste politische Frage, nachdem das Berliner Verfassungsgericht vergangene Woche die Abgeordnetenhauswahl von 2021 komplett für ungültig erklärt hat. Mitte Februar müssen die Ber­li­ne­r*in­nen daher wieder an die Urnen, zur Wahl stehen die selben Kandidat*innen, denn es handelt sich um eine Wahlwiederholung und nicht um eine Neuwahl. Aber wird es auch ein neues, sprich anderes Ergebnis geben mit einer anderen Regierenden Bürgermeister*in?

Bisher gab es kaum Umfragen, mit denen man Spekulationen darüber solide befeuern konnte – es gab schlicht fast gar keine. Seit Donnerstag liegt der jüngste „Berlin Trend“ im Auftrag von RBB und Berliner Morgenpost vor. Für die repräsentative Umfrage – die erste nach dem Urteil des Verfassungsgerichts – hat Infratest dimap Mitte November 1.179 Wahlberechtigte in Berlin befragt. Das Ergebnis: Alles bleibt offen. Laut der Erhebung sind die Grünen stärkste Partei mit 22 Prozent, dicht gefolgt von der CDU mit 21 Prozent, Giffeys SPD käme nur nur auf Platz drei mit 19 Prozent.

Damit bestätigt auch diese Umfrage die bisherige Tendenz, dass Grüne und CDU leicht vorn liegen. Aber die Abstände sind so gering, dass sie sogar im Bereich der Fehlerquote liegen, und die SPD konnte als einzige der drei leicht zulegen um zwei Prozentpunkte. Darauf Ausruhen kann sich also keine der drei großen Parteien Berlins.

Vielmehr geben weitere Daten einen Hinweis, dass Giffey locker aufholen könnte, je näher der Wahltermin und damit die wirkliche Entscheidung rückt. Zwar wird die oder der Regierende nicht direkt gewählt. Aber bei der Frage, für welche Kan­di­da­t*in sich die Ber­li­ne­r*in­nen bei einer solchen Entscheidung aussprechen würden, gewinnt Giffey klar: 35 Prozent würden für die SPD-Chefin stimmen, nur 17 Prozent für den weithin unbekannten CDU-Chef Kai Wegner und noch weniger, nämlich 16 Prozent, für Bettina Jarasch, die alte und neue Spitzenkandidatin der Grünen. Immerhin: Jarasch legte bei dieser Frage vier Prozentpunkte zu, Giffey verlor einen. Aber der Abstand ist groß. Giffey könnte dank ihres Amtsbonus und ihrer größeren Bekanntheit am Ende die SPD erneut zur stärksten politischen Kraft machen.

Vor Problemen stehen laut der Erhebung auch zwei der drei anderen derzeit im Parlament vertretenen Parteien. Die FDP kommt nur auf fünf Prozent und muss fürchten, an der gleichnamigen Hürde zu scheitern – was angesichts des fehlenden Profils der Partei kaum überraschen würde. Die Linke wiederum steht bei nur elf Prozent, auch das wäre eine Enttäuschung für sie: 2021 hatte sie 14,1 Prozent der Stimmen erhalten. Immerhin wäre durch ihr Abrutschen die rot-grün-rote Koalition, die seit Dezember 2021 regiert, nicht gefährdet: Sie käme zusammen auf 52 Prozent der Stimmen und hätte damit eine Mehrheit. Denn zwölf Prozent der Stimmen gingen an andere Parteien, die den Einzug ins Parlament verpassen würden.

Bei der AfD darf man davon leider nicht ausgehen, sie könnte von der Wahlwiederholung profitieren. 8 Prozent hatte sie im September 2021 geholt, die Umfrage sieht die extrem rechte Partei nun bei 10 Prozent.

Überraschend ist, wie viele Ber­li­ne­r*in­nen die Entscheidung des Verfassungsgerichts gut finden: 63 Prozent, also fast zwei Drittel, urteilten so. 19 Prozent lehnten die Wiederholung ab. Richtig glücklich mit Rot-Grün-Rot sind derweil nicht viele. 29 Prozent waren zufrieden, 1 Prozent sogar sehr zufrieden, 66 Prozent hingegen „weniger“ oder „gar nicht“ zufrieden.

Bleibt Franziska Giffey also auch nach dem 12. Februar Berlins Regierende Bürgermeisterin? Spekulieren Sie weiter!