Kommentar von Benno Schirrmeister über die Selbstreinigung der Hamburger Schura: Geht mit Gott, aber geht!
Hut ab! Wie die Hamburger Schura die Trennung vom Islamischen Zentrum (IZH) hingekriegt hat, ist aller Ehren wert. Denn ja, wahrscheinlich wäre die Welt besser ohne Religionen. Und selbstverständlich nötigt der Glaube an Sandmännchen, Zahnfee oder Einhörner ebensowenig Respekt ab, wie wenn sich halt jemand der Fiktion eines Schöpfergotts verschreibt und damit das von seiner Religionsgemeinschaft produzierte Gefüge von Normen, Regeln und Welterklärsurrogaten annimmt.
Aber sie sind nun mal da. Und weil die real existierenden Religionsgemeinschaften untereinander oft genug bis aufs Blut konkurrieren, ist die nun als einvernehmlich kommunizierte Trennung vom Rat der muslimischen Gemeinden und seinem berüchtigsten Mitglied löblich: Einerseits erinnert sie nach Innen daran, dass es für den Bestand des Staatsvertrags gefährlich sein kann, wenn eine Gemeinde zu offensichtlich unter der Kontrolle eines Regimes steht – vor allem sobald das, wie jetzt im Iran, ohne Rücksicht auf Verluste unterdrückt. Andererseits ist wichtig, dass ein – juristisch kniffliger – Rauswurf vermieden und stattdessen dem IZH ein Austritt ermöglicht wurde, gepaart mit warmen Abschiedsworten plus dem Beschluss eines gemeinsamen Gebetskalenders „als Zeichen für die Einheit der MuslimInnen“.
Scheinheilig? Egal: Es ist, bei allem berechtigten Hass auf Teherans Theokraten, sinnvoll, im Blick zu behalten, dass die Schiiten innerislamisch eine Minderheit sind, mit langer Unterdrückungsgeschichte, von Verfolgung bedroht in Afghanistan und in Saudi-Arabien, das offiziell gar keine Schura-Gemeinde unterstützt. Wenn nun der Wunsch, den Staatsvertrag fortzuschreiben hier so pazifizierend wirkt, dann muss er als glatter Erfolg gelten. Und zwar für die gesamte Gesellschaft.
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