piwik no script img

DIE WERBEPAUSEEin Beben geht durchs Kanzleramt

Es ist Sonntag, eigentlich ein schöner Tag. Vor dem Kanzleramt steigt Philipp Rösler aus, Horst Seehofer ist schon drin, im Aufzug zur Kanzlerin. Angela Merkel steht in ihrem Büro, sie guckt über die Stadt. Sie kann sich einem Moment der Freude nicht verwehren: Dieses fleißige Land zu regieren, das ist eine schöne Aufgabe, denkt sie. Wäre da nicht diese verdammte Konferenz, von diesem Georg Mascolo mit seinem Spiegel.

Horst Seehofer, im Aufzug, in der linken Hand Akten, kramt mit der rechten nach seinem Telefon. Eigentlich könnte er glücklich sein. Er hat gerade mitgeholfen, einen Minister zu stürzen, einen arroganten Streber, wie er denkt. Und in Bayern läuft’s auch ganz gut. Aber diese Konferenz in Hamburg, nicht einmal 24 Stunden sind es noch, Kruzifix, die macht ihm zu schaffen. Philipp Rösler steht vorm Kanzleramt. Was werden sie über ihn reden? Seine Hände zittern, er stellt seinen Aktenkoffer ins Gras. Am Nachmittag hat er einen Tipp bekommen, der Spiegel plane einen Titel: Philipp Rösler – der falsche Chef. Angela Merkel greift zur Kaffeekanne, sie schenkt drei Tassen ein. Sie tut das jetzt, bevor die anderen da sind, weil ihre Hände zittern, wie jeden Sonntag um diese Zeit. Sie hat ihre Leute in der Konferenz, das weiß sie, echte Fans. Aber so entspannt wie einst, als Stefan Aust Chefredakteur war, sind ihre Sonntage längst nicht mehr. Horst Seehofer starrt auf sein Telefon. Sie sind sauer auf ihn, richtig sauer, da gab es diese Sache mit seinem Keller, er hatte einem Redakteur lustige Geschichten erzählt – und der hat’s geglaubt und geschrieben. Sein Telefon vibriert. Eine neue Nachricht. Ja, Gott sei Dank, seufzt Seehofer. Er macht einen Schritt aus dem Aufzug, die Kanzlerin im Augenwinkel. Nachricht öffnen. „Entspann dich! Morgen reden wir nur über Rösler! Gruß, Fleischhauer“ FLX

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen