Mit Parallel-Ticket auf Stimmenfang

Die Bremer Universität wählt: den Akademischen Senat, die Fachbereichsräte und das Studierenden-Parlament. Programmatische Unterschiede im Studi-Wahlkampf sind rar, der Wirbel, den eine angebliche Spaßliste verursacht, dagegen umso größer

Bremen taz ■ „Mach mal ‘nen Klaren klar.“ Der Typ mit dem roten T-Shirt ruft es lässig nach hinten. Zum Gläschen Schnaps gibt es ein Flugblatt: „Sprich langsam, ich bin Studi.“ Und das Wahlprogramm, beziehungsweise das „10-Tage-Sofort-Programm“: „Jetzt wird’s ernst, ihr Fucker!“ Der Studierendenrat ist das Parlament der Studis an der Bremer Uni, und Malte T. ein Kandidat dafür: Liste 13, „Projekt 3000“, Platz 4. Bis Freitagnachmittag dauert die Wahl.

Zwölf weitere Gruppierungen (siehe Kasten) buhlen um die Stimmen der gut 21.000 Studierenden. Da ist der Juso-dominierte „AStA für Alle“, der nach seiner Wahlniederlage vor einem Jahr das 1-Euro-Campus-Kino erfand und dem der Grünen-Nachwuchs den Rücken kehrte. Der „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“, der gegen die „allgemeinpolitischen Einstellungen“ des amtierenden AStA wettert, der vom Parlament gewählten Studierendenvertretung. Die Liberale Hochschulgruppe, die – herausragender inhaltlicher Kontrapunkt – „lieber Kohle für ein gutes Studium als ein beschissenes Studium für umsonst“ fordert. Die aus dem Studi-Streik hervorgegangene „Liste der in den Studiengängen Aktiven“ (Lisa), die 2004 prompt zur stärksten Fraktion wurde. Und die marxistisch angehauchte „Radikale Linke“ (RaLi) mit dem programmatischen Namenszusatz „Keine Alternative“.

Auf deren Ticket hatte es auch Malte T. im letzten Jahr auf einen der 25 Sitzplätze im Studierendenrat geschafft, der ernannte ihn gar zum „Referenten für Politische Bildung“. Zum Eklat kam es vor gut zwei Monaten. Da saßen Studiengebühr-GegnerInnen zusammen, planten an einer Neuauflage des Streiks. „RaLi“-Vertreter, so heißt es, hätten die Veranstaltung „gesprengt“ – woraufhin die Koalitionäre die Zusammenarbeit aufkündigten.

Die Antwort auf den Koalitionskrach heißt offensichtlich „Projekt 3000“. „Treuepunkte für Langzeitstudenten“, „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ – im monotonen Wahlkampf-Einerlei sind derlei Plakate der Lacher. Nicht wenige sagen der Spaßliste ein respektables Wahlergebnis voraus. Die Streik-Gesinnteren finden das gar nicht spaßig. Die vorgeblichen Lustigmacher – Motto: „Alles andere ist Politik“ – seien schlicht „Mehrheitsbeschaffer für ‚Keine Alternative / Radikale Linke‘“ und alles andere als unpolitisch, lästern sie auf anonymen Flugblättern. Hinter beiden Listen stecke vielmehr der Gegenstandpunkt, eine „ultradogmatische kommunistische Gruppierung“ und Herausgeber der gleichnamigen Publikation. Häufiger Autor darin: Uni-Professor Freerk Huisken. Malte T. ist dessen Mitarbeiter.

„Projekt 3000“, möchte, glaubt man den Flugblättern, mit AStA-Mitteln – Jahresetat: knapp eine halbe Million Euro – eine große Party veranstalten. Das „RaLi“-Wahlprogramm beginnt dagegen mit einer offenherzigen Erklärung: „Wir treten zu den Studienratswahlen an, weil wir für die Verbreitung unserer Argumente Zeit, Geld und Räume brauchen.“ Malte T. will überhaupt nichts kommentieren.

Armin Simon