Kunstrundgang
: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Der freie Wille, bis 31. Juli, im Arena Bunker, Di–So 14–22 Uhr; Rahmenprogramm (Performances, Theater, Film) www.der-freie-wille.de, Am Flutgraben 2

Bereits bei der Eröffnung der Ausstellung zu 20 Jahre Glasnost schien der freie Wille, so der Titel der Ausstellung, in Frage gestellt zu werden. Denn das Publikum durfte während der Rede Michail Gorbatschows das Gebäude nicht verlassen, da aus Sicherheitsgründen der einzige Zugang dem ehemaligen Staatsoberhaupt, der wie ein Popstar lanciert wurde, vorbehalten blieb.

Endlich wieder frei, im unterirdischen Bunker angekommen, dann auch gleich die lautstarke Demonstration der estnischen Gruppe Non Grata, die sich in einem berstenden Fahrstuhl für 12 Stunden verschanzte. 12 Menschen, die ihren Kampf mit dem Sauerstoff durch Trommeln und „Arbeit macht frei“-Gesänge begleiteten. Das neue EU-Land begrüßte so ihren seinen Ex-Präsidenten und die Bewohner des Alten Europas. Noch nicht ganz angekommen, konnte und kann man sich dann am Service-Point für Humankapital des Psychisch-Sozialen Überwachungs-Vereins (Peter Kees) als gesellschaftsunfähig abstempeln lassen. Und je weiter man in die Ausstellung vordringt, desto überraschender ist die hohe Qualität vieler Arbeiten: ob nun bei Roland Fuhrmanns nicht nur technisch ausgefeilter Fahneneid-Installation, in der die Soldateneide von der Kaiserzeit bis heute zusammenschmelzen und die BetrachterInnen immer tiefer in ihren Bann geraten, Sergej Voronzovs Skulptur „Schwerpunkt“, bei der unter einer Doppelbettmatratze aus Beton saubere Hosenbeine mit Puschen hervorluken und davon zeugen, dass es nicht reicht, sich zu Hause einzuigeln und auf bessere Zeiten zu hoffen, oder Brigitte Waldachs Rauminstallation, bei der die Einsamkeit unausweichlich, ja sogar greifbar wird. Es ist schon enorm, wen und was das Künstler- und Kuratorenduo Nina & Thorsten Römer über Ausschreibungen aufgestöbert und zusammengebracht hat. Respekt!