DASS DIE EU DIE KLIMAZIELE VERFEHLT, HAT WELTWEIT NEGATIVE FOLGEN
: Europa bringt es nicht

Landauf, landab suchen die Europa-Befürworter derzeit Argumente gegen die große Krise der Europäischen Union. Kein leichter Job, aber zum Glück gibt es ja die großen Zukunftsthemen. Zum Beispiel der Klimaschutz. Europa ist vorausschauend. Europa ist Vorbild. Europa ist Verhandlungsführer. Kurz: Europa ist gut.

Europa ist gut? Die gestern in Brüssel vorgestellten Zahlen sprechen leider eine andere Sprache. Statt den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid zu senken, haben die Mitgliedstaaten in der Summe wieder mehr Klimadreck in die Atmosphäre geblasen. Ab sofort gilt auch bei den Visionen für die Zukunft: Europa bringt es nicht.

Dieses Debakel ist ein schwerer Rückschlag für den Klimaschutz weltweit. Wenn Verhandlungsführer wie Trittin oder Blair bald wieder in China oder den USA mehr Umweltpolitik einfordern, wird ihnen zu Recht der Stuhl vor die Tür gestellt.

Dabei ist es extrem wichtig, dass sich Europa beim Klimaschutz profiliert. Unstrittig ist nämlich, dass die Kioto-Ziele viel zu optimistisch angesetzt sind, um den Treibhauseffekt wenigstens auf dem Status quo einzufrieren. Unstrittig ist ebenso, dass bereits dieser Status quo weltweit schwere wirtschaftliche Verwerfungen mit sich bringt. Vor allen Dingen haben die Verhandlungen zu Reduktionszielen aber bislang gezeigt: Ohne Europa ist nicht einmal der kleinste Fortschritt zu erzielen.

Europa muss radikal umdenken – aus eigenem Interesse. Werden nicht sofort alle Bemühungen um wirtschaftlichen Aufschwung dem Klimaziel untergeordnet, steht mittelfristig der europäische Wohlstand zur Disposition. Dass Deutschland relativ gut beim Klimaschutz dasteht, hat fast ausschließlich mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Post-DDR-Wirtschaft zu tun. Das sollte den europäischen Wirtschaftslobbyisten eine Lehre sein: Wer heute nicht Schritt für Schritt in Energieeffizienz, regenerative Energien, sauberere Technologien investiert, wird morgen gezwungen sein, dies abrupt zu tun. Die Folgen solcher Brüche kann man zwischen Ostsee und dem Erzgebirge studieren. NICK REIMER