berliner szenen: Aber Sie grüßen nie zurück
In der Schulpause sagt ein Junge auf dem Gang: „Ich sehe Sie immer in der U-Bahn.“ Ich frage erstaunt: „Warum grüßt Du nie?“ Er sieht mich groß an: „Mache ich immer. Sie grüßen nie zurück.“
Der Schüler meint, dass er mich jeden Morgen um halb acht am Jakob-Kaiser-Platz in die U 7 einsteigen sieht. Ich runzle die Stirn: „Da bin ich noch zu Hause.“ Und sage dann: „Aber durch die Masken sind Verwechslungen wohl programmiert.“ Er schüttelt den Kopf: „Ich sehe Sie da immer ohne Maske.“ Da muss ich lachen: „Das bin ich nicht. Ich trage in der U-Bahn immer eine Maske.“ Er sieht mich misstrauisch an: „Aber Sie haben das gleiche Gesicht, die gleiche Frisur.“ Ich zucke mit den Schultern: „Ich habe anscheinend ein Allerweltsgesicht.“
Ich werde oft verwechselt: Vor ein paar Tagen hielt mich ein Mann beim Kinderschwimmen für die Reitlehrerin seiner Tochter. Wenige Wochen zuvor fragte eine Kollegin beiläufig, ob ich öfter in ein Fitnessstudio in Neukölln gehe. Und sagte dann, sie habe mich dort im Pool gesehen. Ich war jedoch noch nie in einem Neuköllner Fitnessstudio. Ähnlich erging es mir vor Jahren bei einem Interview mit Eva Padberg: Das Model war sicher, mich aus Mallorca zu kennen. Ich war ihr aber noch nie zuvor begegnet. Und auch nie auf Mallorca.
Unerfreulich war die Begegnung mit einem Mann, der in einem überfüllten Bus aus dem Nichts auf mich losging, mich schüttelte und anschrie. Erst, als ich verstört „Was wollen Sie von mir?“ stammelte, begriff der Mann, dass ich nicht die war, für die er mich hielt. Da ließ er von mir ab und sagte: „Sorry, dachte, du bist meine Ex“.
„Wenn du die Frau das nächste Mal siehst“, sage ich in Gedanken daran zu dem Schüler, „sag ihr, dass sie eine Doppelgängerin hat. Vielleicht erklärt das für sie einiges.“
Eva-Lena Lörzer
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