Netanjahu: Siedlungsstopp mit neuen Siedlungen

ISRAEL Washington und Jerusalem erzielen eine Einigung vor geplanten Friedensgesprächen

JERUSALEM taz | Ab Anfang Oktober soll der Siedlungsbau im Westjordanland eingefroren werden. Auf diesen Zeitrahmen einigten sich das Weiße Haus in Washington und die Regierung in Jerusalem. Enttäuschend für die US-Regierung kam jedoch die Entscheidung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, bis dahin noch 500 neue Wohneinheiten für israelische Siedler zu genehmigen. 2.500 Wohnungen befinden sich ohnehin schon im Bau.

Der Premierminister steht nicht nur unter dem Druck des Weißen Hauses und der Palästinenser, sondern auch die eigene Koalition macht ihm das Leben nicht gerade leicht. Es ginge nicht an, dass „uns von außen diktiert wird, wo wir bauen und wo nicht“, schimpfte Usi Landau, Minister für die Nationale Infrastruktur, auf seinen „kapitulierenden“ Chef.

Daniel Dayan, Chef des Siedlerdachverbandes Jescha, nannte die Baugenehmigungen für 500 weitere Wohneinheiten einen Tropfen auf den heißen Stein. Auf dem umstrittenen Gebiet E1, das unmittelbar an Ostjerusalem angrenzt, legte der Bürgermeister der Siedlung Maale Adumim am Sonntag symbolisch den Grundstein für die neue Siedlung Mewasseret Zion.

Unter der Überschrift „Bibi yes/no“ kommentierte die liberale israelische Tageszeitung Ha’aretz die Unentschlossenheit von Benjamin „Bibi“ Netanjahu, der zum „Spielball wird, den sich die Amerikaner und die Siedler gegenseitig zuschießen“. Auch Dov Weisglas, Büroleiter von Ariel Scharon, ehe der ehemalige Regierungschef Anfang 2006 ins Koma fiel, kritisierte den Mangel an einer klaren Regierungsposition. „Früher oder später muss entschieden werden, wo und wie man das Land teilen will“, sagte Weisglas gegenüber dem Rundfunksender Stimme Israels. Die ganze Welt wolle, dass Israel jetzt mit dem Siedlungsbau aufhöre.

Der stellvertretende israelische Ministerpräsident Eli Jischai bezeichnete den Siedlungsstopp am Sonntag laut dpa als einen „strategischen Aufschub“. Vor der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem sagte der Vorsitzende der religiösen Schas-Partei, der zugleich Innenminister ist, angesichts des starken Drucks auf Netanjahu sei das Moratorium angemessen. Nach israelischen Medienberichten soll das Moratorium allerdings nur in Kraft treten, wenn arabische Staaten mit einer Normalisierung der Beziehungen zu Israel beginnen.

Die Palästinenser beharren auf ihrer Bedingung eines vollständigen Stopps des israelischen Siedlungsbaus noch vor der für Ende des Monats geplanten Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen. Palästinenserpräsident Machmud Abbas will ungeachtet der neuen Entwicklungen in jedem Fall auf Einladung von US-Präsident Barack Obama zum Gipfeltreffen in die USA fliegen. SUSANNE KNAUL