Prominente Bedürfnisse
: Verloren im Gedränge

Windeln. Jetlag. Meine Frau hat immer recht

Weiße Blusen, leicht, flatterig und durchsichtig, ansonsten Jeans und Lippenstift: Lauter angeblich kunstinteressierte Fotografen und Mädchen, denen man ansieht, dass sie sich für nur noch nicht entdeckt halten, drängen sich vor dem kleinen Reading Room and Shop, in dem Juergen Teller gleich sein Buch vorstellen soll. „Bilder und Texte“, publiziert im Steidl Verlag, der Preis ist noch beeindruckender als das Volumen: 48 Euro. Aber es ist ja Juergen Teller. Und heute ist er mit Christoph Amend, dem Chefredakteur vom Zeitmagazin, im Gespräch, da kann man doch mal hingehen. Habe ich gedacht.

Das Problem: Man sieht ihn nicht und man hört ihn nicht. Angeblich ist er da drin, hinter dem Gedränge. Der Laden ist aber so klein, wie er in ist, und wir müssen leider draußen warten. Schon will ich abgeklärt von dannen ziehen, da teilen sich plötzlich die Blusenfluten und ich erhasche wertvolle Blicke auf den Meister. Er sieht abgefeiert aus, eine Goldkette schmückt den Mann, ansonsten trägt er ein T-Shirt mit namenloser Farbe (Terracotta, aber grauer). Verstehen tut man immer noch nur einzelne Worte. Windeln. Jetlag. Meine Frau hat immer recht. Kann man hoffentlich alles in seinem Buch nachlesen, denn nach ganzen 37 Minuten ist das Gespräch vorbei, auch Amend hat anscheinend keine Lust mehr, von hinten durch die Fensterscheibe gefilmt zu werden (warum machen die Leute so was?). Nicht so schlimm, es ging ja sowieso mehr um visuelle Aspekte, um die Show, als um das Gespräch. Das habe jetzt auch ich verstanden.

Da materialisiert sich neben mir eine schwarze Bluse mit bunten Punkten, sie umhüllt den gebräuntesten Menschen, den ich jemals gesehen habe: Wolfgang Joop. „Reno“, ruft er seinen Assistenten laut durch den Raum. „Du, hier sind keine Toiletten, und ich muss so dringend!“ Auch ein Grund zu gehen.

CATARINA VON WEDEMEYER