Kölner suchen nach Humanität

Was kann die Stadt für Flüchtlinge tun, die schon lange geduldet hier leben? Ein Hearing im Kölner Domforum lotet die kommunalen Spielräume des Zuwanderungsgesetzes aus

KÖLN taz ■ Claus-Ulrich Prölß zog eine ernüchternde Bilanz: „Die Hoffnung der Flüchtlinge in Köln auf eine rechtliche Integration“ habe sich „bislang nicht erfüllt“, klagte der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrat am Dienstag Abend vor rund 200 Zuhörern im Domforum. Unter dem Moto „Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen“ hatte der Flüchtlingsrat gemeinsam mit dem Kölner Runden Tisch für Integration und dem Unterstützerkreis für die von Abschiebung bedrohten Kinder und Jugendlichen e.V. zu einem Hearing eingeladen, um die kommunalen Spielräume des neuen Zuwanderungsgesetzes auszuloten.

Mit dem Gesetz hätte eigentlich die Praxis der so genannten Kettenduldung abgeschafft werden sollen, stellte Prölß fest. Doch die kommunale Ausländerbehörde lege das neue Recht so restriktiv aus, dass die meisten geduldeten Flüchtlinge immer noch keinen sicheren Aufenthaltsstatus bekämen. Mit dieser Kritik stand Prölß nicht alleine. Auch der Pfarrer und Direktor der Kölner Caritas, Franz Decker, monierte, es mangele am politischen Willen der Verantwortlichen, die den humanen „Geist des Gesetzes“ schlicht nicht umsetzen wollten – und teilweise in sein Gegenteil verkehrten.

Dagegen betonte die Leiterin der Kölner Ausländerbehörde, Dagmar Dahmen, dass ihre Behörde keinen rechtlichen Spielraum zur großzügigen Erteilung von Aufenthaltstiteln habe. Entsprechend knapp war ihre Antwort auf die Frage der Moderatorin Isabel Schayani vom WDR, was die Stadt tun könne für die rund 5.000 geduldeten Flüchtlinge in Köln: „Nichts, wenn sie es so hart haben wollen.“

Wenig rechtliche Freiräume für die Stadt interpretierten auch der FDP-Ratsherr Ulrich Breite und sein CDU-Kollege Winrich Granizka aus den Buchstaben des neuen Gesetzes. „Auf dieser Basis können wir das nicht machen“, so der Christdemokrat. Dem widersprach der grüne Ratsherr Ossi Helling, unterstützt vom PDS-Kollegen Jörg Detjen, heftig: Es sei rechtlich sehr wohl möglich, zumindest den 1.100 Flüchtlingen, die mehr als fünf Jahre in der Stadt leben, eine Aufenthaltserlaubnis zu geben. SPD-Ratsfrau Susana dos Santos versuchte zwischen beiden Positionen zu vermitteln: Ein generelles Bleiberecht sei wohl nicht im Gesetz vorgesehen, aber die Stadt habe wohl schon mehr Spielräume, als sie derzeit nutze – „gerade im humanitären Bereich.“

Mangelnde Humanität wollten sich nun aber weder Dahmen, noch Granitzka, noch Breite vorwerfen lassen. Natürlich habe man für „bewegende Einzelschicksale“ ein offenes Ohr, für sie gebe es auch gesetzliche Möglichkeiten, bestätigte Dahmen. Und Kölns früherer Polizeichef Granitzka konzedierte: „Den Geist, der hier gefordert wird, tragen wir gerne mit.“

Und so konnte man sich zuguterletzt immerhin darauf einigen, die Einrichtung einer kommunalen Härtefall-Kommission für solche Fälle zu prüfen. Eine solche Kommission hatte Prölß zu Beginn der Veranstaltung vorgeschlagen. „In anderen Städten gibt es bereits solche Einrichtungen.“ Granitzka sah zwar auch hierfür keine gesetzliche Handhabe. Aber prüfen kostet ja nichts. SUSANNE GANNOTT