Wir basteln fürs Gemeinwohl

6.000 Langzeitarbeitslose wollen Stadt Köln und Arbeitsagentur bis Jahresende in Ein-Euro-Jobs unterbringen. Doch nicht alle Jobber fühlen sich in den neuen „Integrationsjobs“ gut gefördert

VON SUSANNE GANNOTT

Köln ist wieder einmal Spitze. 2.703 Langzeitarbeitslose in dieser Stadt haben einen Ein-Euro-Job, bis Jahresende werden es runde 6.000 sein, vermeldete Oberbürgermeister Fritz Schramma gestern stolz. Seine Dezernentin für Soziales, Marlis Bredehorst, sekundierte: „Nachdem unser Kölner Modell das Vorbild für Hartz war, gelten wir jetzt schon wieder als Vorzeigemodell.“ Während die anderen Städte oft noch mit der neuen Software zu kämpfen hätten, „sind wir fast die einzigen, die schon jetzt ans Fördern denken.“

Trotz aller Eile will man sich in Köln selbstredend streng an die Gesetze halten. Die „Integrationsjobs“, wie sie im Polit- und Verwaltungsdeutsch heißen, dürften natürlich keine Arbeitsplätze vernichten und müssten dem Gemeinwohl dienlich sein. Darauf achte „die Stadt Köln besonders sensibel“, betonte Schramma. Und brachte zum Beweis für den erfolgreichen Start in die neue Zeit zwei Arbeitslose mit. Leider sagte von denen beiden nur einer, was die Offiziellen von Stadt und Arbeitsagentur gerne hören wollten: Yuri Brodsky, 47-jähriger Fotograf aus der Ukraine, seit 2000 in Deutschland, war tatsächlich begeistert von seinem Ein-Euro-Job. Seit März fotografiere er für das Nippeser Archiv für Stadtteilgeschichte. „Das ist eine sehr interessante Arbeit.“

Weniger enthusiastisch klang das, was der ebenfalls 47-jährige Andreas Schöllhorn von seinem „Job“ erzählte. Der gelernte Schlosser und Schweißer arbeitet in der Werkstatt von EVA, dem Ehrenfelder Verein für Arbeit. Etwas lernen würde er da nicht, gab er freimütig zu verstehen. „Ich mach‘ das, was ich sowieso schon kann.“ So habe er zum Beispiel auf Bitte seiner Frau eine Wiege geschweißt oder auch Aschenbecher. Die stünden jetzt auf dem EVA-Gelände herum. Inwiefern das gemeinnützig sei? „Das frage ich mich auch manchmal. Ist wohl mehr eine Beschäftigungstherapie für mich.“

Spätestens hier musste Dezernentin Bredehorst eingreifen: Selbstverständlich würde die EVA-Werkstatt auch „richtige“ gemeinnützige Arbeiten machen, für städtische Einrichtungen etwa. „Aber die Schlosserei muss ja kontinuierlich weiterlaufen“, erklärte sie. Da würden zwischendurch eben mal Aschenbecher produziert. Außerdem, das gab Schöllhorn auf Bredehorsts Nachfrage zu, bringe er seinen jüngeren arbeitslosen „Kollegen“ die Tricks und Kniffe des Schweißerhandwerks bei. „Da gehören Sie ja eigentlich zu unserem Qualifizierungsteam“, spaßte Schramma. Schöllhorn allerdings war sichtlich nicht zum Scherzen aufgelegt. Er hätte schon lieber einen „richtigen Job, schon allein wegen dem Geld“.

Hier sind seine Chancen dank des Ein-Euro-Jobs auch gar nicht so schlecht, versicherte der Chef der Kölner Arbeitsagentur, Peter Welters. Auf 30 bis 50 Prozent bezifferte er die Chancen, nach dem „Integrationsjob“ eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt zu finden. „Das zeigen unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit mit ähnlichen Programmen.“ Außerdem habe das Arbeiten an sich eine „positive Auswirkung auf das Selbstwertgefühl“, so Welters. Und: Natürlich sei es im Sinne des Erfinders, wenn dabei auch noch „ein Profit, ein Mehrwert“ für das Gemeinwesen herausspringt.

Ein Beispiel für solchen Mehrwert hatte Ordnungsamtsleiter Robert Kilp parat. Man habe am Montag vier Jugendliche durch die Schildergasse geschickt, um die von den Folgen der „wilden Plakatiererei“ zu befreien. Eben sei er zur Kontrolle da gewesen: „Sie können gucken gehen“, so Kilp, „es ist immer noch sauber.“