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Die Ärmel­hochkremplerin

US-Countrysängerin Loretta Lynn ist 90-jährig auf ihrer Ranch gestorben

Loretta Lynn in der Countryhauptstadt Nashville, 2016 Foto: Fo­to: Donn Jones/Invision/ap

Von Julian Weber

Loretta Lynn, die große alte Dame der Countrymusik, ist tot. Die Musikerin, die in den USA als „Queen of Country Music“ firmierte, ist am Dienstag im Alter von 90 Jahren im US-Bundesstaat Tennessee gestorben. „Unsere wundervolle Mutter, Loretta Lynn, ist in ihrer geliebten Ranch in Hurricane Mills friedlich eingeschlafen“, hieß es in einer lakonischen Mitteilung der Familie.

Ähnlich wie „Graceland“, die Villa von Elvis Presley in Memphis, war die riesige, ein Fläche von 72 Quadratkilometern umfassende Ranch mit zwei Geschenkboutiquen, Museum, Reitplatz und mehreren Campingplätzen eine große Attraktion für Touristen und Countryfans gleichermaßen. Durchaus vergleichbar mit Ritterburgen in Europa.

Hausherrin Loretta Lynn sei ein „Kulturgut von Tennessee“ gewesen, würdigte die Politikerin Marsha Blackburn den Star. „Sie war eine Vorkämpferin für Frauen in der Country-Musik-Szene“, schrieb Blackburn bei Twitter. Lynn habe den Weg geebnet für jüngere Künstlerinnen, wie ihre eigene Schwester Crystal Gayle, oder viel später Taylor Swift.

Bis ins hohe Alter hatte Lynn die Bühne gesucht, auch wenn sie in den vergangenen Jahren aufgrund eines Schlaganfalls und einer gebrochene Hüfte kürzer treten musst. Noch 2018 veröffentlichte Lynn ein Soloalbum, „Wouldn’t It Be Great“ betitelt, und schaffte es damit nach vorne in die US-Country-Charts. Im vergangenen Jahr folgte der kämpferische Song „Still Woman Enough“. Kein altersmildes Geflöte! Als „drei Akkorde und die Wahrheit“ hat Johnny Cash einst Countrymusik bezeichnet. Und Lynn nahm ihren Job als Ärmelhochkremplerin ernst. Nur zur akustischen Gitarre sang sie in ihrem letzten Song: „Well, I’ve been through some bad times / Been at the bottom and at the top / And I’ve seen life from both sides“.

Geboren wurde Lynn 1932 als Loretta Webb in Butcher Hollow im US-Bundesstaat Kentucky als Tochter eines Bergarbeiters – was ihr später den Beinamen „Coal Miner’s Daughter“ einbrachte. Sie nahm ihn auch als Titel ihrer ersten Autobiografie. Die gleichnamige Single kletterte 1970 auf Anhieb an die Charts-Spitze, auch das im Jahr darauf folgende Album war oben zu finden. Der 1980 erschienene biografische Film von Regisseur Michael Apted über ihr Leben, in dem Sissy Spacek die Hauptrolle übernahm und dafür den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt, trug ebenfalls diesen Titel.

Noch in Butcher Hollow lernte Loretta Webb im Teenageralter ihren Mann Oliver „Doolittle“ Lynn kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod 1996 zusammenblieb. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen drei Töchter eine Laufbahn als Musikerinnen einschlugen. Lynns Karriere nahm ab 1961 in Nashville Fahrt auf. Im Jahr darauf hatte sie ihren ersten Auftritt in der „Grand Ole Opry“, der ältesten Radiosendung der USA, die seit 1925 Woche für Woche Countrykonzerte live aus Nashville überträgt. Lynn veröffentlichte 50 Alben, etliche platzierten sich in den Charts, dazu kamen unzählige Hitsingles. Auf „Honky Tonk Girl“ folgte „Don’t Come Home a Drinkin’“ – von vielen als Warnung an ihren Mann begriffen. „Die Lieder waren nah am Leben“, sagte Lynn einmal. „Wir haben uns heftig gestritten und heftig geliebt.“

Die Academy of Country Music kürte Lynn bereits in den 1970ern zur „Künstlerin des Jahrzehnts“, 1977 folgte ein Stern am Walk of Fame in Hollywood, alleine in den USA verkaufte sie mehr als vier Millionen Einheiten. „Ich habe über meinen Herzschmerz geschrieben“, sagte sie einmal der New York Times. „Aber wenn man die Songs hört, lächelt man einfach.“

Mit Material von dpa

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