Berliner Polizei verplappert ihre eigene Razzia

KRIMINELL Berlin verbietet „Hells Angels“-Gruppen. Blöd nur: Die Rocker wussten vorher Bescheid

BERLIN taz | Jetzt auch Berlin: Ab Dienstagnacht durchsuchte dort die Polizei 30 Lokale und Wohnungen der Motorradrocker „Hells Angels“ und überreichte dem „Charter Berlin City“ und dessen Unterstützergruppe „MG 81“ eine Verbotsverfügung, ausgestellt von Innensenator Frank Henkel (CDU). Damit reiht sich Henkel in die Riege mehrerer Innenminister ein, die den Rockern zuletzt zusetzten.

Anders als bisher ging diese Aktion nach hinten los: Die „Hells Angels“ wussten vorher von dem Polizeieinsatz. Bereits am Dienstag verkündeten sie deshalb die Auflösung ihres Berliner „Charters“, gleichzeitig berichteten Medien von dem für Mittwoch geplanten Einsatz. Die Polizei zog ihn daraufhin auf Dienstagnacht vor. Vergebens: Die „Angels“ warteten schon, hatten ihre Wappen vom Clubhaus abgeschraubt und ihre Kutten verwahrt.

Polizeiintern wird nun wegen Geheimnisverrats ermittelt. Innensenator Henkel sagte, er sei „entsetzt“ über den Verrat. Das Verbot nannte Henkel einen „notwendigen Schritt gegen das organisierte Verbrechen“.

Vor einer Woche hatten 1.200 Polizisten in Kiel, Hannover und Hamburg 80 Clubhäuser, Lokale und Wohnungen der „Hells Angels“ durchsucht. Seit 2009 wurden in fünf Bundesländern Chapter der „Hells Angels“ und der verfeindeten „Bandidos“ verboten. Einem Gesamtverbot der Gruppen steht entgegen, dass jeder Dependance Straftaten nachgewiesen werden müssten.

Den Rockern werden Waffen- und Drogengeschäfte sowie Gewalttaten vorgeworfen. In Kiel sucht die Polizei gar nach einer Leiche, welche die „Hells Angels“ in einer Lagerhalle einbetoniert haben sollen. Erst am Dienstag wurde ein 49-jähriger Bandido in Bottrop (Nordrhein-Westfalen) erschossen.

Rudolf „Django“ Triller, Sprecher der „Hells Angels“, sagte der taz, das Verbot in Berlin sei „ein gewaltiger Kalauer“. „Ein Verein, der aufgelöst ist, kann nicht drei Stunden später von der Polizei verboten werden.“ Triller ließ rechtliche Schritte, wie bei früheren Verboten, offen. Auch „Bandidos“-Sprecher „Micha“ klagte, dass die Polizei seine Gruppierung seit zwei Jahren mit Repression belagere. 2010 reagierten die Rocker auf den Druck mit einem inszenierten Friedensschluss. Nun, sagte Triller, werde man für „andere Überraschungen“ sorgen – welche, sagte er nicht. KONRAD LITSCHKO