LESERINNENBRIEFE
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Interpretation des Lenindenkmals

■ betr.: „Lenin soll plötzlich weg“, taz vom 29. 5. 12

Das Lenindenkmal stand am Rathaus Riesa und war ein Geschenk eines Stahlkombinats im ukrainischen Nikopol. Natürlich stand Lenin dort als Begründer des Marxismus-Leninismus und der Sowjetunion sowie deren Machtanspruch, aber sicherlich nicht, um an die Toten auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in Riesa zu erinnern. An seinem jetzigen Standort steht es als ein Symbol der ehemaligen DDR und der sie als Satellitenstaat kontrollierenden ehemaligen Sowjetunion in einer Art Skulpturenpark von ansonsten im öffentlichen Raum nicht mehr erwünschten Denkmälern dieser Epoche.

Das Lenindenkmal wurde an eine sowjetische Gräberstätte angedockt, da man offensichtlich 1991 keinen Käufer fand und sich anders als in anderen Städten nicht entschließen konnte, das Denkmal zu demontieren. Gegenüber vom Lenindenkmal hat die Stadtverwaltung Riesa vor einiger Zeit auch das umstrittene und jahrelang eingelagerte VVN-Denkmal – roter dreieckiger Winkel – gesetzt. Auch dieses Denkmal hat mit dem Ort und den Toten nichts zu tun. Es war nach der Demontage des Stalinstandbildes 1961 auf dessen Sockel auf dem Puschkinplatz errichtet worden.

Für die Interpretation des Lenindenkmals ist der Kontext seiner Entstehung und Umsetzung sowie der damit ursprünglich verbundenen Inhalte entscheidend. Die Stadt Riesa wäre gut beraten, die jetzige Diskussion zu nutzen, um sich mit der DDR-Geschichte und der Geschichte der sowjetischen Besatzung in Riesa zu beschäftigten. Im Fall der NS-Diktatur wurde die Stadt erst im Nachgang der Ansiedlung des NPD-Verlags Deutsche Stimme 2001 letztendlich durch bürgerschaftliches Engagement gezwungen, an die Stelle einer Politik der Verdrängung eine Politik des Gesichts zu stellen. Ich halte daher nichts davon, das Lenindenkmal einfach kurzfristig zu demontieren. Damit würde man erneut Geschichte entsorgen, ohne sich mit ihr auseinanderzusetzen. Wenn am Ende dieses notwendigen Diskurses entschieden wird, das Denkmal abzubauen, wäre das akzeptabel. JENS NAGEL, Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain

Zu Recht verurteilt, aber …

■ betr.: „Dauerarrest für Facebook-Aufwiegler“, taz vom 31. 5. 12

Ich finde es richtig, dass der Aufruf zur Lynchjustiz über alle Medien hinweg scharf verurteilt wird und der Täter verurteilt wurde. Was mich jedoch massiv stört, ist, dass die Tat immer in Verbindung damit gebracht wird, dass sie sich gegen einen Unschuldigen gerichtet hat; als sei das besonders schlimm. Im Umkehrschluss bedeutet dies, hätte sich der Aufruf zur Lynchjustiz gegen den tatsächlichen Mörder des 11-jährigen Mädchens gerichtet, wäre dies weniger schlimm gewesen. DETLEV SCHÄFER, Tornsch

Indirekte Mittäter

■ betr.: „NSU: Fehler nur bei Details“, taz vom 25. 5. 12

Es ist zwar richtig, dass der damalige bayrische Innenminister Beckstein auf rechtsextreme Terrorgruppen tippte – aber damals wurde in den Medien diskutiert, dass Rechtsterror einem Staat, der ausschließlich Waren exportiert, wirtschaftlich schaden würde. So war die Entscheidung, nicht im rechten Milieu zu fahnden, eine reine wirtschaftspolitische Entscheidung – getragen von der Politik und den Medien! Dass sich jetzt fast jeder, der im öffentlichen Bereich tätig ist oder war, seine Hände in Unschuld wäscht, sollte man deshalb nicht akzeptieren! Die aus reinem Wirtschaftsinteresse motivierte Tätersuche außerhalb des rechten Milieus macht deshalb die damaligen Entscheidungsträger zu indirekten Mittätern!

WILHELM HÖTZL, Pfaffenhofen

Elternrat aus vier Personen

■ betr.: „Schluckimpfung mit Stiefpapas Segen“, taz vom 25. 5. 12

Im ersten Moment hört sich die Idee noch ganz gut an, der Alltag von Patchwork-Familien soll leichter werden. Schon heute kann ich in der Kita und der Schule angeben, wer meine Kinder abholen darf, ganz egal ob Stiefeltern, Großeltern oder Patentante. Das Gleiche beim Arzt oder der Flugreise, das plane ich ja im Voraus. Dann ist halt neben dem Reisepass und der Badehose auch die Einwilligung der Eltern ein Punkt auf der Checkliste.

Auch beim Arzt sollten Entscheidungen nicht spontan getroffen werden. Die Eltern müssen sich über Nutzen und Risiken im Klaren sein. Hier kann eine übersehene Allergie schnell zum Risiko werden. Wer die Verantwortung für seine Stiefkinder voll und ganz übernehmen will, dem bleibt auch immer noch die Adoption. Dagegen kann eine Regelung nach dem Motto alle Rechte, aber keine (finanziellen) Pflichten nicht im Sinne der Kinder sein, genauso wenig wie ein Elternrat aus vier Personen. STEPHAN KLÖCKNER, Hamburg

Eine Katze der Varietät chocolate

■ betr.: „Tierschutz: Quälen bleibt erlaubt“, taz vom 24. 5. 12

Richtig ist, dass die Katzen mit dominantem Weiß-Gen taub sein können. Weiße Zuchtkatzen unterliegen daher strengen Kontrollen. Ein standardisierter Hörtest ist schon lange obligatorisch. Ich habe eine Frage zur Katze auf Seite eins (alter Standard Havanna brown): In welchem Verhältnis steht die Katze der Varietät chocolate zur Qualzucht? Es ist mir nicht bekannt, dass die Mutation chocolate in der Verdünnung lilac oder gar cinnamon in der Verdünnung fawn sich nachteilig auf die Gesundheit einer Katze ausgewirkt hat. MARIA KALDEWEIDE, Ismaning