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Deutsche Teilung in BerlinIm Schatten der Mauer

In Alt-Treptow wird ein weiteres Stück des Wegs, der an der ehemaligen Grenze entlangführt, saniert. Ein übrig gebliebener Grenzwachturm erinnert.

Mit einer Sanierung des Berliner Mauerwegs soll dieser besser zugänglich werden Illustration: Sebastian König

Berlin taz | Der Kiesweg entlang des Landwehrkanals im Schlesischen Busch in Alt-Treptow knirscht bei jedem Schritt. Nieselregen und Wind wechseln sich ab und der Park ist, abgesehen von vereinzelten Ang­le­r*in­nen, die eingemummelt am Kanal sitzen, und gestressten Rad­fah­re­r*in­nen, die versuchen, ohne große Nässe an ihr Ziel zu kommen, an diesem Nachmittag kaum besucht.

Ein Zaun, der passend zur frühherbstlichen Tristesse mitten auf dem Kiesweg steht, löst große Gereiztheit bei den Rad­fah­re­r*in­nen aus. Sie drehen fluchend um und müssen einen anderen Weg wählen. Der Zaun steht noch nicht lange und wirkt unpassend platziert.

Baustelle für den Mauerweg

Doch wer genau hinsieht, bemerkt, dass der Zaun seine Daseinsberechtigung hat: Ein kleines Schild weit darauf hin, dass der Weg am Schlesischen Busch derzeit von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam ausgebaut wird. Er ist ein Teil des Berliner Mauerwegs, der auf 180 Kilometern den ehemaligen Westteil der Stadt umfasst.

Durch den Ausbau sollen Informationen zur deutschen Teilung und zur Berliner Mauer für Pas­san­t*in­nen zugänglich werden. Schon ab dem Sommer 2023 sollen die Bauarbeiten fertig und der Belag des Weges erneuert sein.

Durch die Arbeiten würden die noch vorhandenen historischen Relikte im ehemaligen Grenzraum gesichert und für die öffentliche Nutzung erlebbar gemacht, erklärt die landeseigene Grün Berlin GmbH. Auch die Infrastruktur für Rad­fah­re­r*in­nen und Fuß­gän­ge­r*in­nen würde so verbessert: Wenn man dem Weg entlang des Kanals weiter folgen könnte, würde man nach knapp 15 Minuten am Lohmühlenplatz an der Grenze zu Neukölln rauskommen.

Zwei Wochen später, das Wetter ist diesmal sonnig und klar, wird auf dieser Alt-Treptower Seite des Weges deutlich: es geht voran. Nähern wir uns dem Weg dagegen aus Richtung Neukölln, sehen wir einen Bagger. Er schaufelt vorsichtig die oberste Schicht des Weges ab. Circa die halbe Wegstrecke lässt sich parallel zum Bauzaun und neben dem Weg zurücklegen. Danach muss eine Umleitung genommen werden.

Der Wachturm als Mahnmal

Daran, dass sich der Schlesische Busch genau im ehemaligen Grenzgebiet zwischen Westen und Osten befindet, erinnert nicht nur der Mauerweg. Nur einen kurzen Fußmarsch entfernt vom Mauerweg steht ein ehemaliger Wachturm der DDR-Grenztruppen. Er ist mehr ein Betonklotz als ein imposanter Turm: Im unteren Bereich ist er mit Graffiti, je nach Perspektive, geschmückt oder verschmiert.

Die Graffiti lenken fast ein bisschen von der dunklen Geschichte des Turms ab, doch es gibt ja noch die Luken und kleinen Fenster, die daran erinnern: Von diesem Ort aus wurde bis 1989 die Arbeit von 18 weiteren Wachtürmen vor Kreuzberg und Neukölln koordiniert und die hier verlaufende Grenze gesichert.

Der Wachturm in Alt-Treptow ist einer von dreien, die noch auf Berliner Stadtgebiet stehen. Heute wird das Mahnmal vor allem für Ausstellungen benutzt. Der Turm verfügte über eine Arrestzelle, ein Waffenlager und eine Beobachtungsplattform. Die Vorstellung, dass hier die Berliner Mauer verlief, an der zwischen 1961 und 1989 circa 140 Menschen starben, ist schwer zu ertragen.

Nach Fertigstellung der Arbeiten müssen die Ang­le­r*in­nen hoffentlich nicht mehr auf dem Boden sitzen. Denn neben Wegmarkierungen, Schildersystemen und Plänen sollen auch neue Sitzmöglichkeiten am Wasser installiert werden. Für die komplette Sanierung des Mauerwegs stehen bis Ende 2026 mehr als 12 Millionen Euro zur Verfügung.

Als nächster Schritt soll, wie Grün Berlin mitteilt, der Jenbacher Weg an der brandenburgischen Grenze auf einer Länge von knapp 6 Kilometern „ertüchtigt“ werden. 135 der 180 Kilometer des Mauerwegs befinden sich auf Brandenburger Gebiet.

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