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Wenn es zur Pilzsaison keine Pilze mehr gibt

Mandeln

ist ein Ortsteil der Gemeinde Dietzhölztal (1.185 Ein­wohner:innen) im mittel­hessischen Lahn-Dill-Kreis. Erste ­Erwähnung: 13. Juli 800.

Dieses Telefonat wird sicher länger dauern, verwirrt frage ich nach: „Wie du brauchst neue Jagdgründe?“ Meine Mutter am anderen Ende der Leitung seufzt genervt. Und das kommt so.

Der Herbst ist in Mittelhessen angekommen, die Jahreszeit der dicken Socken und der Jagd auf Pilze. Der Klimawandel allerdings hat den Märchenwald meiner Kindheit, den Ort, den meine zauberhafte Kräuterhexe von einer Mutter so liebt, extrem verändert. Die trockenen Winter und brutal heißen Sommer haben die Monokultur Fichte stark angegriffen. Seit über 2 Jahren rollen bis zu 500 Lkws pro Woche durch den Wald. Fast rund um die Uhr sind Kettensägen zu hören … Die Hänge rund um meine Heimat werden immer leerer, kahler und toter, mit tiefen Furchen in der Erde. Außer giftigem Fingerhut wächst da kaum etwas. Schon gar keine Pilze. Die Jagdgründe meiner Mutter, wo früher Steinpilze und Pfifferlinge zu finden waren, sehen aus, als hätte jemand einen Peter-Jackson-Film drehen wollen.

Am Ende verabschiedet sich Mutter traurig mit: „Zu meiner Lebenszeit werde ich keinen richtigen Wald mehr erleben!“ Sie wir bald 60; ich befürchte, dass sie recht hat. Lisa Reuter