Der 300.000-Stimmen-Mann

Stefan Birkner soll sie retten bei der Landtagswahl im Januar 2013: Niedersachsens FDP. 300.000 Wählerstimmen – mehr als die 8,2 Prozent bei der Wahl 2008 – hat der Landesparteichef und Umweltminister, vom Landesvorstand frisch zum Spitzenkandidaten gekürt, als sein Ziel ausgerufen. Mitte Mai lag die FDP in einer NDR-Umfrage noch bei vier Prozent.

„Ich bin kein Lindner, ich bin kein Kubicki, das möchte ich auch gar nicht sein“,sagt der 39-Jährige. „Solide, unauffällig, bodenständig“, nennt er sich. Und so ist er in der Tat aufgetreten, seit er im Januar das Umweltministerium von Vorgänger Hans-Heinrich Sander übernommen hat. Wo Sander bei Auftritten im „Kerngesund“-T-Shirt klar Position bezog, gibt sich Birkner im Anzug stets nüchtern-neutral. Heikle Themen, so sein Signal, geht er an. In das Atommülllager Asse ist er 72 Stunden nach seiner Vereidigung eingefahren, in Gorleben kurz darauf, Schacht Konrad kommt nächste Woche.

Zur Frage, welche Rolle Gorleben beim geplanten Endlagersuchgesetz spielen soll, hat Birkner Politiker und Gorleben-Gegner zu Gesprächen geladen. Ein geschickter Zug: „Ehrlich gemeint“ sei der Dialog, lobte die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, selbst die Grünen sprachen von einem „Fortschritt nach 35 Jahren Konfrontation“.

Eine eigene politische Handschrift aber vermissen viele: Jahrelang hat Birkner als Staatssekretär die Linie seines Amtsvorgängers mitgetragen, der umstrittenen Elbvertiefung stimmte er jüngst im Kabinett zu. Anerkennung kriegt er, der die Liberalen im Wahlkampf „ohne Show-Effekte“ führen will, eher für seinen Stil, denn für seine Inhalte. Und auch parteiintern muss er sich noch positionieren: Weder FDP-Bundeschef Philipp Rösler noch -Generalsekretär Patrick Döring wechsele zurück nach Niedersachsen, dementierte Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle kürzlich Spekulationen. Dort gebe es eigene gute FDPler, Wirtschaftsminister Jörg Bode etwa. Birkner hatte Brüderle offenkundig nicht parat.  THA