Szenen einer Parade

„In die Haare gekriegt“ haben sich Frauen am Rand der Vision Parade. Unter Tränen endete ein Strafprozess

bremen taz ■ Zunächst wirkte das Strafverfahren ein wenig kurios. Angetrunkene, sich prügelnde Frauen sind auch in Bremen eher selten anzutreffen, noch dazu wenn sie sich an den Haaren gezogen haben sollen. Doch schnell stellte sich gestern im Amtsgericht heraus, welche Dramen fehlende Dixie-Klos auf der Vision-Parade im vergangenen Jahr alles anrichteten.

Denn eine Gruppe von vier jungen Frauen, die an der Parade teilnahmen, waren auf der Suche nach einer Toilette in die Reederstraße gelaufen und wollten dort ihre Notdurft zwischen parkenden Autos verrichten – sehr zum Unmut einer 36-jährigen Anwohnerin. Sie sprach eine der Frauen an. „Das ist doch eine Schweinerei“, habe sie zu der 26-jährigen Angeklagten gesagt, die jedoch trotzdem urinieren wollte. Daraufhin habe die Anwohnerin die Frau mit Bier bespritzt, die wiederum die Anwohnerin attackierte. „Sie hat mich so an den Haaren gezogen, dass ich dachte meine Kopfhaut würde abgerissen“, sagte die Frau unter Tränen. Ihr seien mehrere Haarbüschel ausgerissen worden, sie habe „geschrien wie am Spieß“. In einem Handgemenge seien hinzugekommene Nachbarn von den Raverinnen getrennt worden. Die Anwohnerin gab an, sie habe den Eindruck gehabt auch eine zweite Frau habe noch an ihren Haaren gezogen – eine Behauptung, die das Gericht in der Beweisaufnahme nicht erhärten konnte und das Verfahren gegen die zweite Angeklagte einstellte. Zeugen sagten aus, dass die Stimmung von beiden Seiten aggressiv gewesen sei.

„Ich glaube der Anwohnerin“, sagte Richter Stefan Wienzek, der die verbliebene Angeklagte zu einer „deutlich spürbaren“ Geldbuße von 1.000 Euro verurteilen wollte. Die junge Angeklagte hatte angegeben, selbst von der Frau angegriffen worden und anschließend von mehreren Anwohnern verprügelt worden zu sein. „Das kann ich auf keinen Fall aufbringen“, sagte die Angeklagte weinend. Sie habe als Auszubildende nicht genügend Geld. Wienzek reduzierte daraufhin die Buße auf 540 Euro, die die junge Frau an die verletzte Anwohnerin zahlen muss. Das Gericht stellte das Verfahren ein. Für Verteidiger Erich Joester eine Petitesse: „Das ganze Verfahren hätte man abkürzen können, so ist das doch Quatsch.“ ky