Berliner Platten
: Driften weit ab vom gemeinsamen Nenner „elektronisches Klangerzeugnis“: Bus, Fenin und 2raumwohnung

Bus: „Feelin’ Dark“ (Scape/MDM); Fenin: „Grounded“ (Shitkatapult/MDM); 2raumwohnung: „Melancholisch schön“ (it sounds/Sony BMG)

Jede kleine Reise durch die Welt der elektronischen Klangerzeugung bringt es wieder an den Tag: Die Kategorie macht heutzutage kaum noch Sinn. Zu divergent sind ihre Produkte, zu unterschiedlich die Ansätze, zu verschieden ihre Sounds. Klar, ob die sanft groovenden Miniaturen von Bus, der Techno-Dub von Fenin oder die songstrukturgestützte Gefühlsduselei von 2raumwohnung – alles wird weitestgehend am Computer ohne den Einsatz von klassischem Instrumentarium gefertigt, hat aber sonst kaum noch etwas gemeinsam. Für „Feelin’ Dank“, ihr neues Album, haben Bus, das Duo aus Tom Thiel und Daniel Meteo, wieder verschiedene Vokalisten engagiert. Vornehmlich MC Soom-T, die bereits auf dem Bus-Debüt „Middle of the Road“ zu hören war, darf sich nun durch einige der mal vertrackten, mal recht tanzbaren Stücke rappen. Oder doch singen? So ganz ist das bei der Frau aus Glasgow nicht zu unterscheiden. Diese Unentschiedenheit reflektieren auch die Tracks von Bus, die – elegant programmiert – sich weder auf den Dancefloor treiben noch die Lounge allzu einschläfernd beschallen lassen wollen. Diese Musik will, so lieblich sie erst einmal klingt, ganz bewusst gehört werden und lehnt jedes Dasein als Soundtapete oder Gebrauchsmusik entschieden ab. Mit Fenin und seinem ersten Album „Grounded“ dagegen verhält es sich gerade anders herum: Da werden harschere Sounds gewählt, die dann aber dafür in so vergleichsweise traditionellen Rhythmen daher kommen, dass man sie sich auf einem aufgeschlossenen Tanzboden gut vorstellen kann. Dass Fenin in den Neunzigerjahren einmal in einer Reggae-Band spielte, ist auf „Grounded“ oft nur mehr matte Erinnerung, so konzentriert pumpen die Techno-Beats. An die Vergangenheit des Protagonisten erinnern immerhin noch Tracks wie „Interlude“, ein Dub mit Samples aus dem Industrial, oder „No C.I.A.“, dem nicht viel zum reinen Roots-Reggae fehlt. Das Erstaunliche ist, wie selbstverständlich auf „Grounded“ die eigentlich so feindlichen Brüder nebeneinander bestehen. Die Versöhnung von Gegensätzen ist es nicht gerade, die 2raumwohnung umtreibt. Wie selbstzufrieden Inga Humpe und Tommi Eckart mittlerweile auf dem eigenen Erfolg dahinsurfen, zeigt schon der Titel ihrer neuen Platte und nicht zuletzt deren Konzept: Für „Melancholisch schön“ hat das Traumpaar des Berliner Electropopparks einige seiner eh schon schmusigen Erfolgssongs wie „Ich und Elaine“ oder „Wir trafen uns in einem Garten“ neu und einige wenige neue ebenso kuschelige Stücke zum ersten Mal aufgenommen – im Bossa-Nova-Sound. Das Ergebnis ist eine Verbindung, wie man sie eigentlich nur in der Hinterstube einer Konditorei ersinnen kann: Könnten Gummibärchen an Zuckerwatte mit Nutella-Sauce erschöpft stöhnen, es würde so „Melancholisch schön“ klingen. Einen Sampler haben 2raumwohnung dazu nicht einmal gebraucht, es gibt ja noch Musiker. Aber unsere Reise durch elektronische Klangwelten endet trotzdem nicht an einem brasilianischen Strand, sondern eher im TUI-Katalog. THOMAS WINKLER