Schwangere Auster ohne Perle

Das Haus der Kulturen der Welt ist bald führungslos: Der Intendant wechselt zum Goethe-Institut. Die Bundeskulturbeauftragte tut sich mit dem Nachfolger schwer – auch, weil ihre Tage wohl gezählt sind

Von Tina Hüttl

Die drohenden Neuwahlen des Bundestages im September sorgen am Haus der Kulturen der Welt (HKW) für einen kulturpolitischen Stillstand: Im August wird der bisherige Intendant Hans-Georg Knopp Generaldirektor des Goethe-Instituts. Zwar existiert schon eine Findungskommission, die das Nachfolgerproblem beim vom Bund finanzierten Haus lösen soll. Nur wann sie endlich wen finden darf, ist unklar. Ursprünglich wollte die von der Bundeskulturbeauftragten Christina Weiss (parteilos) eingesetzte Kommission im August einen Nachfolger für Knopp küren. Nun wird seine Stelle wahrscheinlich bis Ende des Jahres vakant bleiben, denn die Findungskommission – und mit ihr Weiss – muss erst noch entscheiden, was sie besser findet: einen Kandidaten vor oder nach einer Bundestagswahl zu präsentieren?

Das HKW untersteht neben den Berliner Festspielen und den Internationalen Filmfestspielen Berlin der im Jahr 2002 gegründeten Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH (KBB). Als ihre Aufsichtsratsvorsitzende ist Staatsministerin Weiss für die Intendantensuche am HKW verantwortlich. Für sie ist es die erste große Besetzung innerhalb der einflussreichen KBB. Auch deshalb dürfte sie sich durch die vierköpfige Findungskommission abgesichert haben. Bis auf eine Jurorin berief sie dafür alle Mitglieder aus dem KBB-Aufsichtsrat – manch einer am HKW hatte sich ein internationaleres Gremium erhofft. Die Kommission soll geeignete Personen gezielt ansprechen, die sich dann mit einem künstlerischen Konzept bewerben.

Am 11. Juli sollten die ersten Auswahlgespräche stattfinden, hieß es aus dem Hause Weiss auf eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Günter Nooke (CDU) noch im Juni. Grundsätzlich wolle die Kulturbeauftragte an diesem Termin festhalten, sagt nun ihr Pressesprecher Hagen Philipp Wolf. Er räumt aber ein: „Vor dem 11. Juli liegt der 1. Juli, der Tag der Vertrauensfrage. Da kann viel passieren.“ Erst Anfang Juli wird die Findungskommission das nächste Mal zusammentreten. Auch sei der Suchprozess noch nicht abgeschlossen, so Wolf. Etwas präziser drückt sich die Pressesprecherin des HKW, Christine Regus, aus. Fünf Namen stünden derzeit auf der Liste.

Heiß gehandelt werden – je nachdem, in welcher kulturellen Szene man sich bewegt – aber weitaus mehr. So soll, wie von Besuchern der Abschiedsparty für den scheidenden Intendanten Knopp berichtet wurde, Adrienne Goehlers Name in der Findungskommission gefallen – und gleich wieder abgebügelt worden sein. Spätestens seit dem politischen Gezänk um die Berliner RAF-Ausstellung ist bekannt, dass Weiss und die Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds nicht die dicksten Freundinnen sind. Weil Goehler die Ausstellung damals finanziell durch den Fonds unterstützte, entzog ihr Weiss das Stimmrecht über die Vergabe von Fördermitteln.

Was auch immer in der Findungskommission besprochen wurde, Fakt ist: Keine Besetzung eines Intendanten in dieser Kategorie ist ohne politische Brisanz. Selbst wenn sich die Kommission doch bald auf einen Kandidaten einigen kann – die Chancen, dass er einem Machtwechsel zum Opfer fällt, sind groß.

Lydia Haustein, Bereichsleiterin für Literatur, Gesellschaft und Wissenschaft am HKW, wundert sich, warum die Intendantensuche nicht schon längst abgeschlossen ist. Seit Januar sei klar gewesen, dass Knopp zum 1. August geht. Haustein wird die Intendanz kommissarisch übernehmen. Für das Haus sieht sie selbst bei einer längeren Vakanz keine Probleme. „Unser Programm steht bis 2007 fest.“ Gut, so bleibt zumindest genug Zeit für politische Ränkespiele.