Romantiker und Kumpeltyp

Man kann die Geschichte von Rachid Azzouzi nicht ohne die seines größten Förderers erzählen – Helmut Hack war es, der dem Berufsneuling das Management eines Profivereins übergab. Dennoch ist der Fürther Präsident wohl einer der Hauptgründe, warum der 41-Jährige nach 15 Jahren im Fränkischen nun am Millerntor anheuerte. Hack, ein millionenschwerer Unternehmer aus Vestenbergsgreuth, hat 1997 den nahezu bankrotten Traditionsverein Spielvereinigung Fürth gerettet. Seither führt er den Verein so, wie er das für richtig hält: wirtschaftlich solide und mit einem klaren fußballerischen Konzept. In einer Branche, in der Hasardeure mit Millionen um sich werfen, fällt der 63-Jährige auf. Wer ihn am freien Sonntag anruft, trifft ihn schon mal in einem Stadion in der Schweiz an. Der Präsident scoutet dort mögliche Neuzugänge – eigentlich eine der vornehmsten Aufgaben eines Sportdirektors.

Für Azzouzi scheint die Omnipräsenz des Präsidenten zuletzt eher Fluch als Segen gewesen zu sein. Neben ihm und dem charismatischen Trainer Mike Büskens ging er ein wenig unter. Azzouzi war beliebt und respektiert, doch mancher fragte sich, ob er an den wichtigen Entscheidungen maßgeblichen Anteil hatte.

Dabei ist „Rrrraschidd“, wie er auf fränkisch heißt, ein Kumpeltyp wie aus dem Lehrbuch. Einer, der mit den Fans auf der Haupttribüne genau so gut kann wie mit den Kuttenfans, die ihm bei der Aufstiegsfeier in der Kneipe um den Hals fielen. Bei aller Offenheit ist er eher bescheiden als großmäulig.

Azzouzi musste sich nicht verbiegen, um die in Stein gemeißelte Fürther Vereinsphilosophie mitzutragen: Grundsolide und mit klarem Blick auf die Talente in der Region. Da trifft es sich gut, dass Azzouzi auf St. Pauli das Jugendinternat nach vorne bringen soll.

Mitte April hat Azzouzi in einem Gespräch mit einem Journalisten erklärt, warum es so wichtig sei, auch nach dem Fürther Aufstieg „Schritt für Schritt zu wachsen“ und sich „nicht zu übernehmen“. Das alles klang ein wenig brav. Doch Azzouzi hatte im inoffiziellen Teil des Gesprächs ein paar plastische Argumente parat: Die Aufzählung all der Vereine, die aufgrund ihrer Tradition und ihres Fanpotenzials in die erste Liga gehören, die aber wegen erwiesener betriebswirtschaftlicher Unfähigkeit abgestürzt sind. Wie weh ihm das als Fußball-Romantiker tat, war ihm anzusehen.

Azzouzi, der in der Nähe von Aachen aufgewachsen ist und nach eigenem Bekunden „immer schon fußballverrückt“ war, hat in Fürth viel gelernt, was dem fußballverrückten FC St. Pauli nur gut tun kann. Und es ist gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass es umgekehrt genau so ist. CHRISTOPH RUF