VIEL FLIEGENDE MINENARBEITER DRÄNGEN SICH IN DER VIP-LOUNGE DES FLUGHAFENS
: Ellenbogenkampf um Bier und Chardonnay

Nebensachen aus Perth

VON URS WÄLTERLIN

Ein Boom kreiert seine ganz eigenen Probleme. Und so sind die Passagiere im Flughafen der westaustralischen Stadt Perth außer sich. Der dortige Qantas Club, von der Känguru-Fluglinie als Oase für viel fliegende Manager gedacht, platzt aus allen Nähten. Der Jahrhundert-Rohstoffboom im größten Bundesstaat Australiens führt dazu, dass jeden Tag Tausende von Minenmanagern und Analysten den Airport passieren, um eine Maschine in die im Norden gelegenen Minenstädte zu nehmen. Im Qantas Club vertreiben sie sich bei Lachssandwichs und Chardonnay die Zeit.

Zwischen den Männern in den Anzügen drängen sich hunderte von Arbeitern in orange fluoreszierenden Hemden und Stiefeln mit Stahlkappen. Es sind „Fifo“-Arbeiter. Fifo steht für „Fly-in-Fly-out“. Immer mehr Minenunternehmen fliegen ihre Mitarbeiter regelmäßig zurück in die Stadt ihrer Wahl, nachdem sie in den Minen des Pilbara-Gebiets in Nordostaustralien ihre mehrwöchigen Schichten geleistet haben. In den meist kleinen Gemeinden der Pilbara ist „Fifo“ umstritten. Denn die Arbeiter geben in den örtlichen Geschäften kaum etwas von ihrem Gehalt aus.

Und von was für einem! Jährlich 110.000 Euro für einen Lastwagenfahrer sind erst der Anfang. Die enorme Nachfrage nach australischen Rohstoffen und der Mangel an Arbeitskräften haben die Löhne in astronomische Höhen schießen lassen. Dazu kommen fast kostenlose Logis und Verpflegung in der Mine. Und regelmäßiger Heimflug.

Diese Flüge sind es, die Arbeitern in kurzer Zeit so viele Bonusmeilen bescheren, dass der Eintritt in den Qantas Club kostenlos für sie wird. Das Gedränge wird immer größer. An der Bar tobt ein Ellenbogenkampf um Bier und Chardonnay.

Jetzt will der Flughafenbetreiber die Anlage für Hunderte Millionen Euro ausbauen. Dann sollen auch „Raucherkammern“ eingerichtet werden. Viele meilenfressende Gastarbeiter sind nikotinsüchtig. Die wochenlange Abwesenheit von der Familie treibt sie in die Sucht und – immer öfter auch – in den Selbstmord.