LESERINNENBRIEFE
:

Verbietet Muslimen Gardinen!

■ betr.: „Nur Reformierte gehören zu Deutschland“, taz vom 2. 6. 12

Der Bundespastor sieht den Islam doch irgendwie nicht als so wirklich zu Deutschland gehörig. Geschenkt! Übel wird mir aber, wenn schon wieder Religion und Aufklärung als sich bedingend genannt werden. Diese Geschichtsklitterung wird so oft wiederholt, bis es dann alle für die Wahrheit halten. Super-Gauck setzt dann noch einen drauf, wenn er den Islam depotenziert, da dieser keine Reformation gehabt habe. Wie meint der das? An Diskriminierungen Andersgläubiger, Glaubenskriegen und frauenverachtenden Gesetzen fehlt es dem Islam eher nicht. Vielleicht meint Gauck das protestantische Gardinenverbot, das jedes sündige Verhalten vor dem Nachbarn entblößt. Reformiert den Islam! Verbietet den Muslimen die Gardinen! KAI BEIDERWELLEN, Speyer

Volle Souveränität des Parteitags

■ betr.: „Linke vorerst wiedervereinigt“, taz vom 4. 6. 12

Was im Blätterwald landauf, landab als Chaos gesehen wird, ist in Wirklichkeit etwas im normierten Parteibetrieb Unbekanntes: Demokratie. Diesmal wurde nicht schon vor dem Parteitag von den Parteioberen vorgegeben, was die Parteibasis dann aus Gründen der „Geschlossenheit“ mit möglichst 99 Prozent zu beschließen gewohnt ist, sondern die Versammlung hatte die volle Souveränität als das „oberste Parteiorgan“. Was soll übrigens so schlimm daran sein, wenn es viele Bewerber um ein Parteiamt gibt?

ALFRED MAYER, München

Ein bisschen Moral gibt es nicht

■ betr.: „Obama bestimmt Drohnenziele selbst“, taz vom 30. 5. 12

Ein Friedensnobelpreisträger arbeitet seine persönliche Todesliste ab – und keiner regt sich darüber auf. Im Gegenteil, beim Abschuss von Bin Laden hat ihm die Welt auch noch zugejubelt. Und die soundsovielte Nummer auf der Liste bekommt gerade mal eine kleine Meldung am Rande. Ja, ja, ich höre schon den Chor: Aber Bin Laden hat doch auch so viele Menschen getötet. Ja allerdings, das hat er, genau deshalb möchte ich mich auch nicht mit ihm auf eine Stufe stellen. Und ein Friedensnobelpreisträger sollte sich erst recht nicht auf das Niveau eines Massenmörders herabbegeben. Aber genau das tut er, wenn er zu denselben Methoden greift. Eine solche Tötung ohne Prozess und ohne Verurteilung ist ganz einfach als Mord zu bezeichnen. Wobei eine Tötung mit Prozess und Verurteilung meiner Meinung nach genauso unrecht ist. Da darf man keine Einschränkungen dulden, ein bisschen Moral kann es eben nicht geben, mit ein bisschen Todesstrafe oder ein bisschen Folter. SABINE GENAU, Konstanz

Viele Kinder wickeln

■ betr.: „Wer Kinder betreut, braucht Kenntnisse“, taz vom 31. 5. 12

Ich bin mit zwei Aussagen von Herrn Diederich nicht einverstanden: 1. Er meint, dass eine ErzieherIn maximal 10–12 Kinder unter drei Jahren betreuen dürfe. Diese Zahl ist viel zu hoch gegriffen. Eine ErzieherIn sollte etwa 6 Kinder betreuen, so sieht es zumindest der Betreuungsschlüssel der Stadt Hamburg vor. 2. „Sie müssen manche auch noch windeln und sie aufs Töpfchen setzen.“ Manche? Natürlich müssen sie die große Mehrzahl der Kinder noch wickeln. Wo hat er seine Zahlen her? Etwas veraltet? REBECCA SELLO, Hamburg

Sehr reale Therapieprobleme

■ betr.: „Bloß nicht zu viel um sich selbst kreisen“, taz v. 19. 5. 2012

Die Probleme, die Barbara Dribbusch beschreibt, sind sehr real. Ein wesentlicher Teil davon ist freilich im jeweiligen Therapieverfahren begründet. Verhaltenstherapie ist, wie der Name sagt, eine Therapie für Störungen des Verhaltens. Sie kann nur die gewünschte Wirkung haben, wenn das Problem genau definiert ist. Für eigentliche psychische Probleme ist sie nur ausnahmsweise geeignet, ganz sicher nicht für Traumatisierungen. Tiefenpsychologie kann mehr erreichen. Aber deren Problem ist, dass sie den Therapeuten legitimiert, seine Deutung für richtig zu erklären, unabhängig davon, ob der Klient sich darin wiedererkennt. Personenzentrierte Therapeuten sind darin geschult, diesen Fehler zu vermeiden. Leider wird die personenzentrierte Gesprächstherapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht für die Kassenzulassung anerkannt.

Ein Problem jedoch besteht für jedes Therapieverfahren: Manche Menschen machen eine Therapie, um notwendige Schritte oder Entscheidungen zu umgehen. Ein erfahrener Therapeut verweigert sich da; aber hier muss auch der Klient selber auf sich achthaben. WILFRIED HASSELBERG-WEYANDT, Chemnitz

Zu aufwendig, zu gefährlich

■ betr.: „Fässer dürften noch lang in der Asse lagern“, taz v. 2. 6. 12

Es war von Anfang an klar, dass es keine Rückholung der Fässer geben wird – viel zu aufwendig, viel zu gefährlich, nicht genehmigungsfähig. Alles andere ist politische Propaganda, die nur dazu dient, den Weiterbetrieb zu sichern. Es war auch von Anfang an klar, dass es nie eine gesicherte Endlagerung in Deutschland geben wird. Es gibt keinen geeigneten Ort dafür. Was lernen wir daraus? Dass jetzt so langsam die Zeit kommt, wo wir für unser verantwortungsloses Verhalten bezahlen müssen. Ausbaden müssen es dann unsere Nachkommen. Na prima! HOLGER AUGUSTIN, Tübingen