HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST
: Gemach, gemach

„Wissen Sie eigentlich“ hob ihr Vorgesetzter wieder an, „wohin es führt, wenn jemand auf der Autobahn rast?“ Hm.

Alles ist anders, sagt meine Bekannte, angefangen beim Kaffee. In der Großkanzlei fauchte und zischte die Espresso-Maschine. Die Filtermaschine in der Behörde tröpfelt und gluckst. Sie hat sich davon anfangs nicht beeindrucken lassen, und ist trotzdem richtig heiß gelaufen bei der Arbeit. Und das war wohl das Problem. „Wissen Sie eigentlich“, stellte ihr Vorgesetzter sie zur Rede, „wo Sie hier sind?“ In der Behörde? „Dann benehmen Sie sich gefälligst auch so!“

Seit diesem Tag, sagt meine Bekannte, ist sie nicht mehr richtig heiß gelaufen mit der braunen Brühe aus den blauen Kannen. Aber doch immerhin warm geworden mit der Arbeit. Und das war immer noch zu viel. „Wissen Sie eigentlich“ hob ihr Vorgesetzter eines Tages wieder an, „wohin es führt, wenn jemand auf der Autobahn rast?“ Hm. „Zu Stau. Darum haben sich schlaue Köpfe die Geschwindigkeitsbegrenzung ausgedacht.“

Seither, sagt meine Bekannte, hat sie das Leben neu entdeckt, schlendert mittags an der Alster und frequentiert das Vorabendprogramm der Kinos. Nur einmal noch überkam sie die Erinnerung an früher, an den alten Arbeitsexzess. Einmal noch, als sie vorbei an dunklen Büros durch die leeren Gänge stiefelte, ihre Schritte wie Verbrechen in der Stille hallten und die Ausgangstür mit einem Klang von Endgültigkeit hinter ihr ins Schloss fiel, fünf nach Fünf.