Schünemann nicht gottgefällig

HÄRTEFALLKOMMISSION Erst hatte sich der Vertreter der Reformierten aus dem Gremium in Niedersachsen zurückgezogen, dann der der Caritas. Die evangelische Kirche will bis auf Weiteres ganz fernbleiben

„Wir werden abwarten, bis die neue Verordnung vorliegt“

JOHANNES NEUKIRCH

Die Vorsitzende der niedersächsischen Härtefallkommission, Ministerialrätin Martina Schaffer, bestreitet, dass die Kirchen sich vom Kurs des Gremiums distanziert hätten. Allerdings hatte zunächst der Vizepräsident der evangelisch-Reformierten, Johannes Weusmann, seinen Sitz geräumt, weil humanitäre Fragen bei den Entscheidungen völlig unzureichend berücksichtigt würden. Aus demselben Grund kündigte dann am Dienstag Hans-Jürgen Marcus, der Direktor des katholischen Caritas-Verbandes Hildesheim an, sein Mandat ruhen zu lassen.

Nur Stunden später beschloss die Konföderation der evangelischen Kirchen Niedersachsens, sich befristet aus dem Gremium zurückzuziehen: „Wir werden abwarten, bis die neue Härtefallverordnung vorliegt“, erläuterte Sprecher Johannes Neukirch.

Anlass war die Entscheidung im Fall der neunköpfigen Roma-Familie Ç. aus Bad Bentheim: Vor sechs Jahren war Vater Adnan Ç. zusammen mit seiner Mutter, seinem behinderten Bruder und zweien seiner Kinder im Morgengrauen verhaftet und in die Türkei verfrachtet worden. Die Mutter Cemile und die fünf übrigen Kinder blieben in Deutschland. Im Ort sind sie gut integriert: Aktuell ging es darum, ob die Mutter Cemile als Härtefall anerkannt wird und so, obwohl auf Sozialhilfe angewiesen, ein dauerhaftes Bleiberecht bekommt. Damit hätte aber mindestens ihr Ehemann Anspruch darauf gehabt, nachzuziehen.

Vier der sieben Sitzungsteilnehmer waren dafür. Doch benötigt wurde eine Zweidrittelmehrheit, also fünf Ja-Stimmen – nicht zu schaffen gegen das Ministerium. Geändert hätte daran indes auch die neue Härtefallverordnung nichts: Dann reicht zwar eine einfache Mehrheit – aber gemessen an der Zahl der Stimmberechtigten, wie Kommissions-Chefin Schaffer präzisiert. Also wieder fünf Placets. Die Kommission lasse humanitäre Gesichtspunkte nicht unter den Tisch fallen, so die Juristin. „Möglicherweise gibt es da eine andere Bewertung.“ BES