Sprinterin mit EM-Ambitionen: Eine Fetzngaudi für Olympia dahoam
Sommer- und Winterolympionikin Alexandra Burghardt träumt nicht nur von einer Sprintmedaille. Sie wirbt für Olympische Spiele in München.
MÜNCHEN taz | Der Mensch in diesem Eichhörnchenkostüm, der bei den sommerlichen Temperaturen wie von einer Hornisse gestochen durch die Anlagen der European Championships springt, hat es gewiss nicht leicht. „Gfreidi“ heißt das arg bayerische Maskottchen des Events, zu Deutsch „Freue dich“. Doch eigentlich bräuchte es gar keinen tierischen Botschafter dieser Wettspiele. Es gibt schließlich Alexandra Burghardt. Die Sprinterin wurde schon vor der Eröffnung der Championships von Mikrofon zu Mikrofon gereicht und hat schnell gezeigt, dass man eine bessere Botschafterin für die Sportstadt München so schnell wohl nicht finden wird.
Die Bayerin, die vor 28 Jahren in Mühldorf am Inn zur Welt gekommen ist, bringt Lokalkolorit in das Megaevent. Und wie! Eine „Fetzngaudi“, zu Deutsch „Megafun“, erwarte sie sich von den Wettbewerben. Es sei auch immer schon ein Traum von ihr gewesen, mal im Olympiastadion zu laufen. Da sei sie schon mal drin gewesen, 2007, als ihre Eltern sie als Kind zu einem Europacup-Wettbewerb mitgenommen hätten.
Den Europacup, einen Länderwettkampf, der einst in großen Stadien vor vielen Menschen ausgetragen worden ist, gibt es seit 2008 nicht mehr. Das Aus steht sinnbildlich für die Krise der Leichtathletik weltweit. Doch wer der gut aufgelegten Burghardt zuhört, der mag an so etwas nicht denken.
Der erinnert sich lieber an die Olympischen Spiele im Februar. Da hat die Sprinterin, die in Burghausen trainiert, als Anschieberin von Mariama Jamanka die Silbermedaille im Zweierbob gewonnen. Olympia hat sie auch im Sommer schon erlebt. In Tokio 2021 ist sie ins Halbfinale über 100 Meter gekommen. Und gerade eben hat sie bei der Leichtathletik-WM in Eugene als Teil der 4-x-100-Meter-Staffel zur Überraschung aller Bronze gewonnen.
Hoffnung auf Gold
Sie weiß, dass sie nun alle fragen, ob es bei der EM Gold in der Staffel geben wird. Klar ist das ihr Ziel, muss glauben, wer ihr bei der Antwort ins Gesicht schaut, auch wenn sie vorsichtigere Worte wählt: „Eine Medaille wollen wir schon gewinnen“, sagt sie. Und dann? Erst mal alles sacken lassen. „Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, darüber nachzudenken, was alles passiert ist in diesem einen Jahr.“
Am Donnerstag stehen die Vorläufe über 200 Meter an. Das ist die Einzeldisziplin, in der sie antritt. Am Schlusstag der Wettbewerbe am Sonntag geht es dann um die Staffelmedaillen. Sie weiß, dass ihr dann auch die Kinder in Burghausen, die sie als Trainerin betreut, zuschauen werden. Für sie wünscht sie sich, dass sie mal Olympische Spiele im eigenen Land erleben dürfen.
Sie selbst wäre ja gern im Eiskanal am Königssee zu Olympiaedelmetall gerast, statt in den Bergen über Peking. Doch die Bevölkerung hat sich in einer Abstimmung gegen Olympia 2022 in München entschieden. Das soll es nicht mehr geben. Von den Championships in München erhofft sie sich, „dass die Menschen und die Stadt wieder Lust auf Olympia bekommen“. Eine bessere Sportbotschafterin für München kann man sich wirklich nicht vorstellen.
Leser*innenkommentare
Der wilde Eisbär
Es ist nicht so, dass München unbedingt NOCH einen Mega-Event braucht, die Stadt quillt das ganze Jahr aus allen Fugen.
Und man darf diese Häufung von putzigen Europameisterschaften nicht damit vergleichen, was bei Olympischen Spielen auf die Region zukäme, Stichwort "VIP-Spur" auf den Autobahnen etc etc.
Kann schon sein, dass für eine junge Frau aus Mühldorf olympische Spiele "dahoam" ein Traum wären - man kann auch mal Ansässige interviewen, wie die selbst dazu stehen, nicht Sport-Touristen. Denn das erinnert allzu sehr an die ignoranten Aussagen eines Herrn Gerhahers zum Thema "neue Philharmonie".
Selbst bei den Olypmischen Spielen 1972/ München wurde der Schulanfang bis NACH dem Event verschoben. Ei, warum wohl?!