Weißt du noch, damals? Erinnerungsstücke

Der Platzfresser

Die gesammelten Liebesbriefe, das seit zehn Jahren unbenutzte Rennrad und das erste Handy von 1999, längst kaputt, aber voller Erinnerungen an ein Erasmus-Semester.

Und, kann das weg?

Theoretisch ja, emotional auf keinen Fall. Für den Anfang empfiehlt sich deshalb eine einfache Regel: Alles, was an Negatives erinnert, muss gehen. Der Blick auf das Rennrad schmerzt ebenso sehr wie der Bänderriss bei der letzten Fahrradtour? Weg damit. Aus den Liebesbriefen flattern tonnenweise Schmetterlinge? Behalten.

Wer auch die glücklich machenden Erinnerungsstücke minimieren will oder muss, kann sich ihnen entweder tiefenpsychologisch widmen – „Wichtig ist nicht die Erinnerung an die Vergangenheit, sondern die Beschäftigung mit dem Ich, das in der Vergangenheit bestimmte Erfahrungen gemacht hat“ (Aufräumikone Marie Kondo). Oder auf den Minimalismusexperten Christof Herrmann hören und ein Foto von jedem Andenken machen, um den Abschiedsschmerz zu lindern. Denn selbst wenn vom alten Handy nur noch ein Foto existiert – die Erinnerung an das Erasmus-Semester und der Geruch an Barcelona bei Regen bleiben für ewig darin gespeichert.

Das will ich unbedingt noch mal lesen: Bücher

Der Platzfresser

Bücher für alle Fälle („Wenn ich endlich mal Zeit habe“, „Falls ich mal was nachschlagen will“).

Und, kann das weg?

Wenn auch der letzte Regalmeter voll ist, bleibt wohl nichts anderes übrig, als darin Platz für neue Bücher zu schaffen. Stichwort: Weiterentwicklung – oder wie Feng-Shui-Expertin Karen Kingston schreibt: „Ihr Ziel sollte eine Buchsammlung sein, die Sie so spiegelt, wie Sie heute sind und wie Sie morgen sein wollen.“

Um zu testen, ob Sie eigentlich überhaupt wissen, welche Schätze Sie besitzen, können Sie mit einer kleinen Spielerei beginnen: Setzen Sie sich mit dem Rücken zum Regal, nehmen Sie sich Stift und Zettel und schreiben Sie alle Titel auf, die Sie besonders lieben. Diese Bücher müssen bleiben, klar. Bei den restlichen dürfen Sie dann überlegen, ob Sie sich womöglich zu Recht nicht an sie erinnert haben. Kingston schlägt beispielsweise vor, die aussortierten Bücher einer Bücherei zu spenden, da es tröstlich sei zu wissen, dass man sie jederzeit wieder ausleihen kann.

Und damit Ihre hauseigene Bibliothek auch in Zukunft übersichtlich bleibt, entscheiden Sie am besten sofort nach dem Lesen eines neuen Buchs, ob es wert ist, mit Ihnen zusammenzuwohnen.

Das passt doch noch: Kleider

Der Platzfresser

Der Kleiderschrank ist zum Bersten voll, aber Sie haben trotzdem „nichts anzuziehen“.

Und, kann das weg?

Der Frust beim Blick in den Schrank: unbedingt. Und ein großer Teil der Klamotten vermutlich auch. Aber wie entscheidet man, welche weg müssen? Gar nicht, empfiehlt Minimalismus-Expertin Lina Jachmann im Podcast „Smarter leben“. Stattdessen solle man sich fragen, welche Kleider bleiben dürfen. Jachmann plädiert für eine Shoppingtour durch den eigenen Kleiderschrank und dafür, einen Blick auf den Wäscheständer zu werfen, denn dort hängen die treuen Lieblingsteile.

Wackelkandidaten, von denen man sich noch nicht trennen kann, werden mit dem Kleiderbügel ausgetrickst und falsch herum in den Schrank gehängt. Wurden sie getragen, wird der Bügel umgedreht, alles andere kommt nach einem halben Jahr weg. Damit sich im Anschluss nicht wieder lauter Schrankleichen ansammeln, kann man außerdem ganz Marie-Kondo-esk die Frage nach dem Zweck eines Kleidungsstücks stellen. Dieser sei eben nicht immer, getragen zu werden – sondern bei Fehlkäufen, aus der Erfahrung zu lernen.

Das ist aber von Lisa … Geschenke

Der Platzfresser

Über den Jutebeutel mit dem lustigen Spruch können Sie schon lange nicht mehr lachen. Aber er war ein Geschenk von der besten Freundin!

Und, kann das weg?

Hier stoßen selbst routinierte Ausmister an ihre Grenzen, da gefühlt eine weitere Person involviert ist. Und die hat bestenfalls Gedanken, Zeit und Mühe in das Geschenk investiert – es zu entsorgen, wirkt da beinahe wie ein Verrat.

Schritt 1: Machen Sie sich bewusst, dass Sie sich nur von einer Sache trennen, nicht vom dazugehörigen Menschen. Das schlechte Gewissen ist immer noch da? Erinnern Sie sich an den Moment der Geschenkübergabe, an die liebevolle Verpackung, an die Freude beim Öffnen. Diese Geste ist laut Aufräumexpertin Marie Kondo die wichtigste Aufgabe eines Geschenks, danach hat es seinen Zweck erfüllt.

Womöglich lohnt es sich auch zu überlegen, was Sie eigentlich selbst erwarten, wenn Sie ein Geschenk machen. Sind Sie enttäuscht oder beleidigt, wenn es nicht benutzt wird? Feng-Shui-Expertin Karen Kingston rät: „Geben Sie es mit Liebe und lassen Sie los.“ Nur wer anderen die Freiheit gestatte, mit einem Geschenk zu tun, was sie wollen, erfahre auch mehr Freiheit im eigenen Leben.

Radikal I: Haushaltsauflösung zu Lebzeiten

Für wen ist die Methode geeignet?

Für alle, die über den eigenen Tellerrand hinausschauen wollen.

Und so geht’ s!

„Döstädning“ ist eine Wortkreation aus den schwedischen Wörtern für „sterben“ und „Sauberkeit“. Hört sich makaber an, aber damit ist nicht gemeint, dass man Aufräumen soll, bis man tot umfällt – sondern einfach vorher. Sie habe so oft den Haushalt anderer Leute aufgelöst, schreibt Margareta Magnusson, die mittlerweile 88-jährige Autorin, die Döstädning bekannt gemacht hat, dass sie niemandem die Last aufbürden möchte, eines Tages hinter ihr aufräumen zu müssen: „Ein Mensch, der Sie liebt, möchte schöne Dinge von Ihnen erben, nicht Ihren ganzen Krempel.“

Der Vorteil der Methode: Man betrachtet die eigenen Sachen mit fremden Augen und kann so im Zweifel besser loslassen. Gleichzeitig muss man sich dabei auch mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen, und das fällt bekanntermaßen vielen schwer. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind allerdings interessant: Soll nach meinem Tod jemand mein Tagebuch finden – oder ist dann eh alles wurscht?

Radikal II: Der Fake-Umzug

Für wen ist die Methode geeignet?

Für alle, die sich damit schwertun, überhaupt erst mal herauszufinden, welche Dinge sie eigentlich brauchen und welche nicht.

Und so geht’ s!

Sie ziehen um, vielleicht sogar in eine kleinere Wohnung? Glückwunsch! Womöglich packen Sie das Monstrum von Küchenmaschine, das seit drei Jahren immer mehr einstaubt, dann nämlich gar nicht erst ein. Kein Umzug ist allerdings keine Ausrede – schließlich lässt er sich auch prima vortäuschen, zugegebenermaßen mit ebenso großem Aufwand.

Die Minimalisten Jo­shua Fields Millburn und Ryan Nico­demus nennen diese Methode „Packing Party“: Alle Gegenstände in der Wohnung, vom Fernseher bis zur Zahnbürste, werden in gut beschriftete Kisten gepackt. In den nächsten drei Wochen wird nur das herausgeholt, was man gerade braucht. Was dann immer noch in den Kisten ist (bei Ryan Nicodemus waren das 80 Prozent seiner Sachen), wird verkauft, verschenkt oder gespendet.

Für immer noch Zögernde empfiehlt sich die vorübergehende Lagerung im Keller – ist er feucht, nimmt er einem sogar die Entscheidung ab, ob die Dinge jemals wieder bei einem einziehen.