SOUNDTRACK

Viele Köche veredeln den Brei, man kennt das von den Marching Bands. The Burning Hell sind keine Marching Band. Sie sind aber auch nicht die „kleine Band mit großem Herz“, als die sie sich in einer ihrer Selbstbeschreibungen verkaufen. Etwas korrekter muss man sie wohl als ein in seiner Größe variables Orchester bezeichnen. Es stehen also mal sechs Beteiligte, mal steht auch das Dreifache davon auf der Bühne (und man darf gespannt sein, welche Größe in der Astra Stube erreicht werden wird). Mathias Korn, Herz und Kopfstück der stets eigenwillig eingekleideten kanadischen Truppe, spielt Ukulele und singt dazu in schönstem Bariton wie ein besserer Stephin Merritt (Magnetic Fields) wundersam-poetische Texte. Der Rest operiert derweil zum Beispiel mit abgespeckter Perkussion, Saxophon, Geige und vermengt eine Art leuchtenden Fuzz-Folk, von dem sich Bands wie Arcade Fire eine ordentliche Scheibe abgeschnitten haben, mit Gypsie-Balkan-Tunes und ins Turbohafte abgleitendem Klezmer. Ein schönes – und nicht einmal klamaukiges – Fest der anarchistischen Subversion ist da gerade über uns hinweggerollt. Do, 7. 6., 21 Uhr, Astra Stube, Max-Brauer-Allee 200

Der Grat zwischen beknackt und Kunst ist wie der zwischen zwischen beknackt und herrlich beknackt immer graduell. Seit 1992 arbeitet an diesem Grenzgang ein mittlerweile zum Quintett angewachsenes Musikunternehmen mit Sitz in Brighton. Der Name Wevie Stonder soll den Herren eingefallen sein, als sie eine miserable Version von „I just called to say“ anfertigten. Seitdem versuchen sie gar nicht mehr, irgendeine Art von Stil zu finden, sondern verfolgen eine doch sehr dadaistisch anmutende Strategie der Kreuzung und Verwirrung im Großbereich elektronischer Musik. Es fiept und piept, Taktwechsel traktieren Hörer, Fetzen und allerlei Musikzitate fliegen vorbei, wer anfängt zu tanzen, bricht sich ein Bein, das Lied hat keine Regeln und die Band klingt, wie gerade aus dem Pudel Club entronnen. Schön herrlich, beknackt, Kunst. Fr, 8. 6., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

Das darf man wohl easy going nennen: umkränzt von Steel Guitar, Akkustikklampfe, Schellenkranz und sanftem Blick präsentiert sich hier eine Band als gemütliches, super entspanntes Beisammensein unter, na klar, freiem Himmel. Allerdings vermögen es die um den Multi-Instrumentalisten Matt Adams gruppierten The Blank Tapes, diesen typisch kalifornischen Gemütszustand durchaus in verschiedene musikalische Formen zu gießen. Was eben noch klang wie Lagerfeuerromantik, ist plötzlich Guided by Voices-mäßiges Geschrammel, um dann zu einer folkig-verfilzten, aber keinen Deut weniger verträumten Version von Belle and Sebastian zu mutieren. Und dass der Mann seine Singer/Songwriter-Lektion gelernt hat, ist ja fast eh klar. Zusammen ergibt das also eine entspannte Band, die die anderen entspannten Bands kennt und die man sich gerne mal auf eine Leerkassette „machen“ würde – wären die nicht bereits aus dem Handel „genommen“. Sa, 9. 6., 20 Uhr, Hasenschaukel, Silbersackstraße

Die aus dem kanadischen Vancouver stammenden Terror Bird schwanken ebenfalls zwischen Soloprojekt, Duo und Trio und können als Strandgut der derzeitig noch nicht ganz wieder abgeebbten Synthie-Wave-Welle betrachtet werden. Diese Welle führt die so genannten 80er mit sich und versorgt einen mit düsteren Stimmungen, Sounds aus dem Feenwald und den verhallten Stimmen ihrer Bewohner. Vielen fällt da nur eine eingeschränkte Zahl an Referenzen ein, immer der Name von Kate Bush vorneweg, gegen den sich auch Terror Bird nicht wehren können – aber sollten. Die Asservatenkammer von Bands, in denen düstere Tanzmusik mit Sängerin zusammenstößt, ist nämlich prall gefüllt, und manches passt als grober Vergleich besser: Siouxsie and the Banshees, OMD (bloß mit Sängerin) oder, etwas Zeitgenössischeres, Zola Jesus. Im Gegensatz zu Letztgenannter geht es hier aber deutlich weniger gothichaft zu und trifft der verhallt-sphärische Gesang auf recht handfeste Pianomelodien mit Schlagzeugbegleitung. Wer dunkle Sachen glitzernd und schöne Melodien rumpelnd, findet das hier jedenfalls gut bis sehr gut. Mo, 11. 6., 21 Uhr, Rote Flora, Schulterblatt 71  NILS SCHUHMACHER