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Work Hard Play Hard Deutschland 2012, R: Carmen Losmann

Schon allein das Vokabular wirkt befremdlich: Human Ressources, Assessment Center, Prozessoptimierung, Performance Profile. Carmen Losmann besucht in ihrem Debütfilm große deutsche Konzerne und Unternehmensberatungen, die sich in ihrer Personalarbeit hauptsächlich darauf konzentrieren, Mitarbeiter und bestehende Abläufe zu „optimieren“, sie schneller zu machen und vor allem das „richtige Mitarbeitermaterial“ zu rekrutieren. Der Mensch als Roboter, als funktionierender kleiner Teil eines unübersichtlich großen Ganzen – diese Strukturen entlarvt Losmann auf perfide Art und Weise. Indem sie die Vorgänge abbildet, ohne sie zu kommentieren. Die teilweise abstrusen und unverständlichen Aussagen der Führungskräfte und die Bürobilder voller Monotonie und Sterilität tun ihr übriges, um beim Zusehen ein ungutes Gefühl über die Entwicklung unserer Gesellschaft zu bekommen. Dadurch wirkt diese beeindruckende Dokumentation als Studie unserer Zeit wie Science-Fiction, die gleichzeitig schon Realität geworden ist. Erschreckend nah und erschreckend wahr. Der Mensch soll noch besser funktionieren. Carmen Losmann zeigt, wie seine Arbeitskraft noch besser genutzt, er noch optimaler in die Arbeitswelt eingeflochten werden soll. Bei den modernen Wissens- und Dienstleistungsarbeitern soll die Disziplinierung verinnerlicht werden. Stempeluhren und Anwesenheitspflicht werden obsolet, wenn die Arbeitenden zu immer und überall ihrer Arbeit nachgehen können und wollen. Der Film zeigt, wie umfassend diese neue Art der Ausbeutung geplant ist. Der Bogen wird dabei von moderner Büroarchitektur über Motivationskurse bis zum Bewerbungstraining gezogen. Ohne Kommentar zeigt die Kamera in klaren, stilistisch streng komponierten Bildern, mit welchen Strategien und Instrumenten die Ressource Mensch nach den Gesetzen der Gewinnmaximierung neu geformt wird. Zum Teil überrascht, wie bereitwillig und offen die auf Firmenberatung und Personalschulung spezialisierten Fachleute ihre Philosophie und Strategien darstellen. Ihnen scheint gar nicht in den Sinn zu kommen, wie entlarvend alleine schon ihre Sprache ist. Diese ist gespickt mit Anglizismen, Fachbegriffen aus Psychologie, Computertechnik oder Betriebswirtschaft und in ihrer absoluten Gleichsetzung des Menschen mit seiner Funktion im Arbeitsprozess erschreckend inhuman. Die Avantgarde der kommenden Arbeitswelt ist selber schon mustergültig trainiert wie besonders eindrucksvoll die Sequenzen aus drei Testsitzungen deutlich machen, bei denen die Probanden von drei Spezialisten für Personalfragen eingehend befragt werden und auf jede Frage so antworten, wie sie es für gewünscht halten. Kritik und subversiver Witz scheinen nur einmal auf, wenn die Angestellten eines Callcenters (also am untersten Ende der Hierarchie) von ihrem Vorgesetzten zusammengerufen und eingeschworen werden. Carmen Losmann zeigt, wie aufklärerisch der genaue Blick sein kann. „Work Hard Play Hard“ läuft täglich um 19 Uhr im Bremer Viertelkino Cinema