AMERICAN PIE

Die Baseball-WM in Regensburg ist in den USA kein Thema

Der andere World Cup

Die Blätter verfärben sich, die Temperaturen sinken und Bon Jovi hat einen Hit. Oder, anders gesagt: Die Baseball-Saison in den USA steuert auf ihren Höhepunkt zu. Anfang Oktober beginnen die Playoffs der MLB, und darauf hinzuweisen, lässt sich die Liga etwas kosten: Schon zum dritten Mal in Folge steuert Bon Jovi den Song zur Promotionkampagne bei, deren rockgestützter Werbeclip auf 15.000 Kinoleinwänden in den USA zu sehen war.

Das Zentrum der Baseball-Welt liegt aktuell in New York, wo die Yankees wieder mal souverän ihre Kreise ziehen. Aber wer auch immer Ende Oktober die World Series gewinnen sollte, er wird sich „World Champion“ nennen – ungeachtet eines kleinen Turniers, das im fernen Europa abgehalten wird und in einer gewissen Verkennung der Tatsachen als Weltmeisterschaft bezeichnet wird.

Der „World Cup“, wie er genannt wird in den wenigen US-Medien, die sich dazu herablassen davon zu berichten, beginnt für die US-Nationalmannschaft in Regensburg. Im einzigen echten Baseball-Stadion Deutschlands hat man das Fassungsvermögen mit Zusatztribünen auf 10.000 erhöht, um den Titelverteidiger angemessen empfangen zu können.

In der Oberpfälzer Provinz müssen sich die US-Boys nun messen mit der Konkurrenz aus Venezuela, China und Deutschland. Weitere vier Vorrundengruppen werden parallel in Barcelona, Zagreb, Prag und Stockholm ausgespielt. Der internationale Baseball-Verband (IBAF) hat seine Meisterschaft nicht an ein einziges Land, sondern an einen ganzen Kontinent vergeben. Dank der Streuung hofft man auf volle Stadien und mehr Öffentlichkeit. Die besten 16 Teams reisen dann weiter in die Niederlande oder nach Italien zur zweiten WM-Runde. Die Endrunde findet Ende September in Rom statt.

Das könnte ein langer Weg werden für das junge US-Team. Denn das kaum vorhandene Interesse in den USA erklärt sich vor allem damit, dass keines der Major-League-Teams bereit wäre, auch nur einen einzigen Stammspieler mitten in der Saison fürs Nationalteam abzustellen. Das gilt für US-Amerikaner ebenso wie für die vielen Profis aus Asien, Mittel- und Südamerika.

Notgedrungen greifen die Nationaltrainer zurück auf Talente, die momentan noch in zweitklassigen Teams auf ihre große Chance warten. Spieler wie den 22-jährigen Justin Smoak, einen First Baseman und ehemaligen College-Star, auf den die Texas Rangers große Hoffnungen setzen, seit sie sich im vergangenen Jahr die Rechte an ihm gesichert haben. Mit dabei ist aber auch ein Jason Childers, der es im für einen Profisportler gesegneten Alter von 34 Jahren immer noch nicht in die erste Liga geschafft hat.

Dass solche Spieler nicht immer gut genug sind, sich gegen die internationale Konkurrenz durchzusetzen, mussten die Amerikaner vor allem in den Achtziger- und Neunzigerjahren leidvoll erfahren. Der vor zwei Jahren in Taiwan errungene Titel war der erste seit 1974 für das Heimatland des Baseballs. In den Jahrzehnten zuvor hatten die Staatsamateure aus Kuba dominiert und neunmal die WM gewonnen. Die gehören auch bei dieser 38. Baseball-WM wieder zu einem Favoritenkreis, der im Vergleich zu früheren Auflagen größer geworden ist. Neben den wie immer hochgewetteten USA und Kuba scheinen auch Japan, Korea oder Puerto Rico nicht chancenlos. Eins allerdings bleibt wie immer: In den USA interessiert das nicht wirklich jemanden. THOMAS WINKLER