BERNHARD CLASEN ÜBER DIE KRISE ZWISCHEN ASERBAIDSCHAN UND ARMENIEN
: Kriegsgefahr im Kaukasus

Der Tod von fünf aserbaidschanischen und drei armenischen Soldaten an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan wirft ein Schlaglicht auf die wachsende Kriegsgefahr im Südkaukasus.

Auch wenn Schusswechsel zwischen Truppen beider Staaten trotz eines 18-jährigen Waffenstillstands fast schon zum Alltag gehören, haben die jüngsten Vorfälle eine neue Qualität: Die Soldaten starben nicht an der Waffenstillstandszone zwischen Aserbaidschan und der von keinem Staat der Welt anerkannten „Republik Nagornij Karabach“. Sondern an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan. Hier schossen zwei Völkerrechtssubjekte aufeinander.

Ein Krieg zwischen beiden Ländern könnte weit schwerwiegendere Folgen haben als ein Krieg zwischen Aserbaidschan und der in Nagornij Karabach lebenden armenischen Minderheit. Russland, das sich als Garant des armenischen Staats versteht, würde unweigerlich mit hineingezogen werden. Gleichzeitig wächst auf beiden Seiten der Nationalismus. In der armenischen Hauptstadt Eriwan wollen am Donnerstag wütende Bürger die Regierung zum Abbruch sämtlicher Kontakte mit Aserbaidschan auffordern. Kein gutes Omen für das von Russland initiierte armenisch-aserbaidschanische Journalistentreffen, das dieser Tage in Moskau stattfindet.

Wie lässt sich ein Krieg noch verhindern? Der Waffenstillstand muss lückenlos durch die OSZE überwacht werden. Ein derartiger Kontrollmechanismus könnte die Neigung zum Angriff eindämmen, hätte ein solcher doch internationale Verurteilung zur Folge. Gleichzeitig müssen der Kriegsbereitschaft und nationalistischen Hysterie auf beiden Seiten direkte zivilgesellschaftliche und diplomatische Kontakte entgegengestellt werden. Nur so lässt sich die wachsende Kriegsgefahr im Kaukasus bannen.

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