berliner szenen
: Seltsame Taschen- Tricks

Es ist heiß, und ich habe schon schlechte Laune vor Hunger. Also hole ich mir eine Mini-Pizza und setze mich vor den Laden an einen der Biertische. Eine Frau in einem Hippiekleid und mit sehr großer Sonnenbrille fragt mich vom Nebentisch, ob ich ein Auge auf ihre Tasche haben könnte. Ich nicke, sie steht auf, und während ich meine Pizza esse, starre ich die fremde Tasche an.

Das Vertrauen der Frau ehrt mich ein bisschen. Wir kennen uns ja gar nicht. Ich würde meine Tasche hier ungern in fremder Obhut lassen so nah an der Straße. Jemand könnte sie im Vorbeigehen schnappen oder theoretisch könnte ja auch ich mit der Tasche abhauen.

Ich denke an den Abend mit A., als er in einem vollen Restaurant beklaut wurde. Sein Portemonnaie hatte in seiner Jacke gesteckt, die über seinem Stuhl hing. Als er zahlen wollte, war das gesamte Bargeld weg, aber alles andere noch da. „Ganz schön dreist“, meinte er. „Aber auch trickreich. Ich sitze hier und die ziehen mir währenddessen das Geld aus der Tasche.“

Sicher fünfzehn Minuten vergehen vor der Mini-­Pizzzeria. Ich habe gegessen und muss los. Vielleicht soll das ja auch ein Trick sein oder ein Scherz, überlege ich und sehe mich schon in so einer Spaß-Show, in der erst niemand Spaß versteht, aber dann alle so tun, als ob sie den Spaß ihres Lebens ­hatten, komplett verarscht zu werden. Ich sehe mich um, hole die Tasche der Frau, ­suche drinnen sogar auf der ­Toilette. Keine Frau im Hippiekleid.

Zu dem Mann hinter dem Tresen sage ich: „Hier, die Tasche einer Frau, keine Ahnung, wo sie steckt.“ Er sieht auf die Tasche. „̕Ne Frau in ̕nem Blümchenkleid?“, fragt er. Ich nicke. Er stöhnt auf. „Wir haben schon drei Taschen von ihr. Sie holt nie eine ab.“ Und ich überlege, welch seltsamer Trick das nun wieder sein soll. isobel markus