Waffenbauer blitzt ab

Regierung in Belgien zieht nach Protesten Genehmigung zum Bau einer Munitionsfabrik in Tansania zurück

BRÜSSEL taz ■ Der belgische Tycoon Georges Forrest, der im Süden der Demokratischen Republik Kongo erhebliche Mineralieninteressen unterhält, muss sein Projekt aufgeben, im Nachbarland Tansania eine Munitionsfabrik zu bauen. Die Regierung der belgischen Teilregion Wallonien entzog Ende vergangener Woche dem Forrest-Unternehmen New Lachaussée eine im Januar für die nötigen Investitionen erteilte Lizenz. Das Projekt sei inkompatibel mit Belgiens Unterstützung der Friedensprozesse im Afrika der Großen Seen, hieß es zur Begründung. Der Lizenzentzug ist das Ergebnis massiven internationalen Drucks.

Am Mittwoch hatte sogar UN-Generalsekretär Kofi Annan während eines Brüssel-Aufenthalts seine Bedenken gegenüber dem belgischen Premierminister Guy Verhofstadt geäußert. Experten hatten deutlich gemacht, dass in Deutschland oder Frankreich ein solches Projekt nie genehmigt worden wäre. Belgiens Außenminister Karel De Gucht war gegen das Projekt ebenso wie die belgischen Grünen und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen.

Die Munitionsfabrik sollte in Morogoro im Zentrum Tansanias entstehen, das nach wie vor laut Experten ein Transitland für Waffenhandel Richtung Kongo, Burundi, Uganda, Sudan und Somalia darstellt. Die staatliche tansanische Rüstungsfirma Mzinga wäre mit der Fabrik in die Lage versetzt worden, jährlich 14 Millionen 39-Millimeter-Geschosse des Typs 7.62 herzustellen, was nach Meinung der unabhängigen belgischen Expertengruppe International Peace Information Service weit über Tansanias Eigenbedarf hinausgeht.

Schon im März hatte Wallonien angesichts der Proteste die Lizenz für New Lachaussée für drei Monate suspendiert. Eine Expertenmission wurde nach Tansania geschickt, um zu überprüfen, ob das Land die Bedingungen der Lizenz einhalten könne: kein Munitionsexport, Erstellung eines Systems zum Nachweis der Herkunft von Munition und Kontrolle dessen durch Belgien. Die Experten kamen letzte Woche zu dem Schluss, dass Tansania dazu nicht in der Lage sei. Die Grenzen des Landes seien nur schlecht kontrolliert, und in Staat und Armee herrsche eine „generalisierte Korruption“.

Für Wallonien war die Entscheidung dennoch schwer. Der Wirtschaftsminister der Region, Jean-Claude Marcourt, ist ein einstiger Geschäftspartner des Besitzers von New Lachaussée. Die Gewerkschaften Walloniens hatten ebenfalls für das Rüstungsprojekt mobilisiert. Am Freitag waren sie über den Lizenzentzug so empört, dass sie einen Streik ausriefen. Für den Unternehmer Forrest ist nicht alles verloren: Er erhält 5 Millionen Euro Entschädigung.

FRANÇOIS MISSER