NICHT NUR VERLUSTE
: Der Kopfschüttler

Er sei halt einfach zu schusslig

Der Typ in der Straßenbahn ist fassungslos. „Ich kann gar nicht glauben, dass mir das passiert“, ruft er ins Handy. „Wo bist du, Alexanderplatz? Gut, Alexanderplatz, ich bin in fünf Minuten da.“ Seine Freundin steht daneben, schüttelt den Kopf und murmelt: „mehr Glück als Verstand“.

Die Straßenbahn fährt an, hält, fährt weiter, der Glückspilz ist immer noch völlig aus dem Häuschen. Langsam, unter wiederholtem Kopfschütteln, gegenseitigem Kneifen und Hand-vor-die-Stirn-Schlagen klärt sich die Lage: Er hat sein Telefon „mein iPhone 4“ liegen lassen, „das passiert doch manchmal“, und hatte jetzt, da er den Verlust bemerkte, einfach mal angerufen „einfach mal probiert“. Und es hat tatsächlich jemand abgehoben, sich als ehrlicher Finder erklärt und zugesagt, am Alexanderplatz zu warten, um das Gerät wieder an seinen Eigentümer zu übergeben.

„Finderlohn!“, ruft der Typ auf einmal und startet sofort eine Umfrage im Waggon. „Wie viel Finderlohn würdest du jemandem geben, der dein iPhone 4 gefunden hat?“ Sein ursprünglicher Vorschlag, 5 Euro, ist schnell vom Tisch. 20 Euro müssten es mindestens sein, finden die meisten. Oder 10 Prozent des Neuwerts – was so ein Teil kostet? 800 Euro? Alle fangen an zu rechnen. Der Konsens schließlich: zwischen 20 und 50 Euro.

„Wie verliert man denn sein Handy?“, will eine junge Frau wissen, woraufhin der Typ zu einer umfangreichen Erklärung ansetzt, die irgendwo dort endet, dass die Hosentasche halt einfach zu groß oder das Gerät zu klein oder man im Kopf zu schusselig sei. Eine andere Frau erzählt, sie habe ihr Telefon auch schon mal verloren, nun beginnen alle, ihre schönsten Verlustgeschichten zu erzählen, nur der Typ schüttelt immer noch ungläubig den Kopf. Auch, als er am Alexanderplatz aussteigt. Der ehrliche Finder wird ihn spätestens daran erkannt haben.

SVENJA BENGT