NRW-Bürgerfunker senden SOS

Die schwarz-gelbe Koalition fordert eine Neuregelung des Bürgerfunks. Die Privatfunker sorgen sich um ihre Zukunft. Die Privatradios in Nordrhein-Westfalen wären den Amateurfunk gerne los

VON ELMAR KOK

Hajo Mattheis, Vorstand des Landesverbandes Bürgerfunk in NRW, sorgt sich um die Zukunft des Bürgerradios. Die „Vielseitigkeitsreserve“ der Privatradios könne wegfallen, sagt Mattheis. „Viele Gruppierungen, die im normalen Radio keinen Platz finden“, könnten durch die neue Landesregierung um ihren Sendeplatz gebracht werden, fürchtet Mattheis. Denn die Koalitionsvereinbarung der CDU/FDP-Regierung sieht eine Neuordnung des Bürgerradios vor. Zudem hält die Koaltion das bisherige Konzept der Bürgerbeteiligung am Medium Radio für falsch.

„Der Bürgerfunk hat sich in seiner jetzigen Form überwiegend nicht bewährt. Wir werden zusammen mit den Beteiligten ein neues Konzept entwickeln“, heißt es im Koalitionsvertrag von CDU und FDP. Mattheis kann sich keinen Reim darauf machen, was die Koalitionäre getrieben hat, diese zwei Sätze in ihre Vereinbarung aufzunehmen. „Schließlich steht dort zu Campus-Radio oder offenen Kanälen kein Satz“, sagt er.

Der Bürgerfunk wird bisher durch das Landesmediengesetz garantiert. Die privaten Lokalradios müssen 15 Prozent ihrer Sendezeit für Bürger zu Verfügung stellen, die Radio machen wollen. Volkshochschulen und Kirchen, aber auch Migranten und beispielsweise Homosexuelle nutzen die Sendezeit, um spezielle Themen, die von den Formatradios nicht behandelt werden, auf Sendung zu bringen.

„Abschaltfaktor“ nennt Uwe Haring, Chefredakteur von Antenne Münster, diese Formate. Er finde zwar gut, dass Bürger die Möglichkeit bekämen, Erfahrung als Medienersteller zu sammeln. „Grundsätzlich finde ich zwar gut, dass es so etwas gibt“, sagt er. „Aber warum muss das ausgerechnet der private Rundfunk sein?“ Aus medienpädagogischer Sicht sei der Bürgerfunk sicherlich sinnvoll, „wenn beispielsweise eine zehnte Klasse aus einem halbstündigen Interview einen Zwei-Minuten-Beitrag schneiden soll und dann sehen kann, wie steuerbar das ist“. Allerdings seien die Beiträge der radiomachenden Bürger „keine Bereicherung“.

Für die Neuordnung des Bürgerfunks will sich bei der Regierungskoalition momentan niemand verantwortlich fühlen. „Die medienpolitischen Sprecher werden erst noch gewählt“, heißt es unisono von den Sprechern beider Fraktionen. Angeblich sollen FDP-Generalsekretär Christian Lindner und die wissenschaftliche Mitarbeiterin der CDU-Fraktion, Ruth Ridder, für die Passage im Koalitionsvertrag verantwortlich sein. Der neue CDU-Medien-Staatssekretär Thomas Kemper „wird sich dazu nicht äußern, er ist ja noch nicht ernannt“, sagt Markus Fliege, Sprecher der CDU im Landtag.

Also werden sich die Radiomacher noch gedulden müssen, bis sie die Möglichkeit zu einer Aussprache mit der schwarz-gelben Regierung haben werden. Doch rumore es schon gehörig an der Basis, sagt Mattheis. „Allerdings weiß ich nicht wo die Diskussion hingeht, wenn die 2.000 Produktionsgruppen des Bürgerradios in NRW ihren Unmut herausschreien.“

Eine Änderung des Landesmediengesetzes zur Abschaffung des Bürgerfunks brächte dem Land Nordrhein-Westfalen keine Einsparungen. Die für 2005 im Haushalt der NRW-Landesanstalt für Medien eingeplanten 1,95 Millionen Euro für Bürgerfunk werden aus den Rundfunkgebühren finanziert.