Aids im Wandel der Zeit

Von der Sterbe- zur Lebensbegleitung: Sozialarbeit steht bei Hamburg Leuchtfeuer vor neuen Aufgaben

Zehn Jahre später stehen andere Probleme im Vordergrund. Als „Hamburg Leuchtfeuer“ 1995 mit der psychosozialen Betreuung von HIV-Infizierten begann, bestand diese vor allem in der Sterbebegleitung. Beim gestrigen Symposium „Leben mit HIV und Aids“ definierte Betreuerin Silke Germann „Verbesserung der Lebensqualität“ als Ziel. Neben der Frage der adäquaten Wohnform und Versorgung gelte die Hauptsorge der Infizierten heute der Vereinsamung.

Rund 70 Prozent der von Hamburg Leuchtfeuer betreuten AidspatientInnen sind Männer. Viele leben in Armut. Deren Probleme, so Germann, wurden durch Gesundheitsreform und Hartz IV noch verstärkt. Die Zuzahlungen zu Medikamenten sind hoch, Aidskranke sind zusätzlich zu verschreibungspflichtigen Wirkstoffen noch auf Vitamin- und Mineralstoffpräparate angewiesen, die es nicht auf Rezept gibt.

Knapp ein Drittel der PatientInnen sind MigrantInnen. „In vielen Herkunftsländern von Flüchtlingen ist das Thema Aids stark tabuisiert“, berichtet Antje Sanogo von der Münchner Aids-Hilfe. Deshalb würden viele MigrantInnen auch in Deutschland eine Offenbarung scheuen. Schwer sei es deshalb, überhaupt in Kontakt mit Infizierten aus anderen Kulturkreisen zu kommen. Sanogo forderte die Aids-Hilfe auch auf, sich migrationspolitisch zu engagieren. So werde Aids kaum mehr als humanitäres Abschiebehindernis anerkannt, seit sich afrikanische Staaten um Therapiemöglichkeiten bemühen.

Auf ein neues Problem wies Robert Kliem von „Zuhause im Kiez“ aus Berlin hin. Dieses Aids-Hilfe-Projekt betreut inzwischen auch Menschen, die an chronischer Hepatitis erkrankt sind. Denn „momentan“, weiß Kliem, „sterben mehr Menschen an Hepatitis C als an Aids“. EE