„Große Persönlichkeiten“

STADTFÜHRUNG Ein Spaziergang mit Bernd Thiede auf den „schwulen Spuren“ der Bremer Geschichte

■ ist Sozialpädagoge und seit 1986 Mitarbeiter in der Bremer Beratungsstelle „Rat & Tat“ für Schwule und Lesben.

taz: Herr Thiede, gibt es auch lesbische Spuren in Bremen?

Bernd Thiede: Klar. Allerdings beziehe ich mich während der Führung überwiegend auf männliche homosexuelle Persönlichkeiten. Aber vor allem in Organisationen, die eine Akzeptanz von homosexuellen Lebensweisen gefordert haben, speziell die Abschaffung des Paragrafen 175, waren viele lesbische Frauen aktiv dabei, zum Beispiel in der „Internationalen Freundschaftsloge“, die sozusagen der Vorläufer des „Rat & Tat“-Zentrums ist.

Welche schwulen Spuren befinden sich am Dom?

Es gibt ja die Tradition des Fegens: Ein Mann, der an seinem 30. Geburtstag noch nicht verheiratet ist, muss die Domtreppen fegen, Frauen müssen die Klinken putzen. Eine heterosexueller Brauch, der früher eher als Strafe gedacht war, denn zu einem ordentlichen Leben gehörten Heirat und Kinder. Jörg Hutter, ehemaliger Vorsitzender des „Rat & Tat“-Zentrums, hat 1988 mit dieser Tradition gebrochen, indem er die Treppen gefegt und sich von seinem Freund hat freiküssen lassen.

Aber es gibt doch auch Haltepunkte, die mit weniger amüsanten Geschichten verbunden sind.

Ja, zum Beispiel der Wohnort des ehemaligen Theaterdirektors Friedrich Carl Feldtmann, der 1867 wegen „mannmännlicher Liebe“ verurteilt wurde und zum Richter gesagt hat: „So sehr Sie das Recht haben, das Weib zu lieben, so sehr habe ich das Recht, den Mann zu lieben. Sie haben zwar die Macht, mich zu verurteilen, aber das Recht streite ich Ihnen ab!“ Oder der Ulrichsplatz: Karl Heinrich Ulrichs hat sich ebenfalls bereits im 19. Jahrhundert zu seinem Schwulsein bekannt und Straffreiheit für Homosexuelle gefordert. Große Persönlichkeiten!  INT.: SCHN

12 Uhr, An den Domtreppen