wortwechsel: Der Wald brennt! Was kann Brandenburg tun?
In den Sand gesetzt: Brandenburgs Wälder. Reine Nutzholzplantagen? Die Kiefern sind auch Rückzugsorte für Schwarzstörche, Rehe, Wildschweine. Was schützt uns vor Waldbränden?
„die these: Was in Brandenburg brennt, ist kein Wald, sondern unser Lebensstil“, taz vom 25. 6. 22
Die Wechselwirkungen
Sehr geehrter Herr Augustin, Sie schreiben: „Der schlimmste Feind des Försters ist sein Vorgänger und sein Nachfolger!“ So recht Sie mit allen Ihren Aussagen grundsätzlich haben, so fehlen mir doch einige wichtige Aspekte: Jahrzehntelange Monokultur führt auch zu einer Bodenverschlechterung, die den Anbau standortgerechterer Baumarten zumindest massiv erschwert. Naturverjüngung und standortgerechte Baumarten funktionieren nur dann, wenn sie auch eine Chance haben, groß zu werden und nicht vom Wild verbissen und verfegt werden. Für viele private Waldbesitzer sind ein paar Hektar schon viel und – je nach Holzpreis – können sie sich einen jahrzehntelangen Verzicht auf Einnahmen wirtschaftlich einfach nicht leisten. Wenn der Borkenkäfer 200 Hektar zusammenfrisst, sind das für 272.500 Hektar Staatswald (Landesbetrieb Forst Brandenburg) „Peanuts“, für den Privatwald kann es aber die Insolvenz bedeuten. Solange etliche Leistungen des Waldes zwar von der Gesellschaft (bis hin zu Bewirtschaftungseinschränkungen) nachgefragt werden, ohne dass die Gesellschaft diese auch bezahlt, kann Ihr durchaus richtiger Ansatz nicht funktionieren. Ich teile Ihre Ideen eines „naturgemäßen Waldbaus“ zu 100 Prozent, aber so einfach, wie Sie es in Ihrem Artikel beschreiben, ist es leider Gottes nicht. Gerd Fischer, Forstwirt und Forstingenieur, Remseck
Tatenlos zusehen?
Ein ausgezeichneter und in gewisser Weise auch tröstlicher Artikel – wir müssen nicht bei allen Katastrophen tatenlos zusehen, sondern können auch etwas verändern! Großes Lob an den Verfasser für diese Art der Darstellung.
Konrad Bäuerle, Frickingen-Bruckfelden
„Mundtot gemacht“
Das Traurige an diesem Artikel ist, dass der Inhalt als neu empfunden wird. Man hätte diesen Artikel auch schon vor 40 oder 50 Jahren schreiben können, und ich kann mich sogar an eine Unterhaltung in den 1980ern mit einem Förster erinnern, von dem ich erfuhr, dass damals Dozenten, die dieses Wissen an den Hochschulen im Fach Forstwirtschaft vertraten, mundtot gemacht wurden. Ich habe mich damals nur gewundert – ich kam aus der Biologie. Aber auch Wissenschaften sind langsame Dampfer, die angewandten noch mehr als die „echten“, in denen die immer neue Überprüfung des momentanen Standes eigentlich Teil der Methode ist. Frank Wohlgemuth, Tornesch
Wer hat Schuld?
Die Menschen, die diesen Wald anlegten, hatten völlig andere Gründe als die vom Artikel propagierte Profitsucht, die es heute unbestritten gibt. Sie haben diese Wälder – ja es sind Wälder! – vor vielen Jahren angelegt, teilweise vor 60 bis 100 Jahren. Man „produzierte“ Rohstoffe für den lokalen Markt. Besonders hier im Osten war bis vor 30 Jahren nicht an „Profit“ zu denken. Auch aufseiten der Natur ist es nicht so, wie der Artikel vermuten lässt: In den märkischen Wäldern tummelt sich eine Vielzahl von gefährdeten Arten. Vom Schwarzstorch über den Seeadler bis zum Uhu. Ebenso wie der Wolf fühlen sich Wildschweine, Rehe, Hirsche wohl – ja sogar ein Bison war schon zu sichten. Und was die Waldbrände betrifft … es sind der Waldbesucher und die Waldbesuchererin, die rauchend durch den Wald laufen und unsere verkommene Gesellschaft, die einige Waldbesitzer dazu verleitet, ihren eigenen Wald anzuzünden, weil es ihnen als die einzige Möglichkeit erscheint, ihren Wald noch zu Geld zu machen. Schuld oder Verantwortung für die Situation haben wir heute, unsere derzeitige Profitwirtschaft und nicht die Waldbesitzer. Waldbesitzer denken in Generationen! Sie reagieren einfach, wie jeder von uns, auf die vorherrschenden Rahmenbedingen. Und dass die Wälder im Osten reine „Plantagen“ sind, können Sie so nicht stehen lassen. Was sind dann die Wälder im übrigen Deutschland? In Thüringen, im Schwarzwald … Ein Wald lässt sich nicht einfach umstricken wie ein Gemüsebeet. Das ist ein Prozess über viele Generationen.
Carsten Muschol, Havelsee
Und taz.de schreibt …
Hätte ja gedacht, dass in einem Nutz„wald“ die alten DDR Bäume schon genutzt worden sind, aber, gerade mal gegoogelt, so eine Kiefer braucht mindestens 80 Jahre Reifung. Und das soll schnellwachsend sein? Birke, Erle, Hainbuche brauchen „nur“ 60 Jahre, die Schwarzpappel 30 Jahre. Monika Jäger
Gerade in Brandenburg ist es schwierig, Neues durchzusetzen. Wenn es einer anders machen möchte (im Nachbarort erlebt), heißt es von allen Seiten, das wird nichts, da geht dir alles ein, bloß wieder Kiefern pflanzen. Es gibt aber Wege. Bei der Miyawaki-Methode wird in den Boden Komposterde und Holzkohle eingebracht und dick gemulcht. Unserer ersten Anpflanzung geht es trotz Trockenheit gut, weil die dicke Mulchschicht die Feuchtigkeit im Boden hält. Schön, mal einen Artikel über „unser“ Thema zu sehen! Freiwald e. V.
Generationenprogramm
Auch der Wald in Brandenburg ist ein Wald. Auch hier haben unsere Urgroßväter und Großväter in schwerer Arbeit den Boden gepflanzt, gehegt und gepflegt, damals noch nicht wissend, dass eine Monokultur mit Kiefern nicht ideal für die Zukunft sein wird. Schon seit Längerem nun ist bekannt, dass dieser Wald umgebaut werden muss in einen Mischwald. Und dieser Umbau ist in vollem Gange. Der Laubwaldanteil in Brandenburg beträgt bei den Bäumen, die bis zu 20 Jahre sind, bereits 54 Prozent (laut Bundeswaldinventur 2022). Hier werden in der Regel Laubbäume (mühselig!) unter 80-jährige Kiefern gepflanzt und gepflegt. Somit zeigt das Generationenprogramm „Waldumbau“ erste Erfolge und es ist fraglich, wie dieser Vorgang recht viel mehr beschleunigt werden kann. Bäume wachsen langsam. Johana Wasmeier, Eichendorf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen