ÜBER UMWEGE GEHT ES WIEDER GEGEN DIE AUTOGESELLSCHAFT
: Populistische Verkehrspolitik

Es soll der Masterplan gegen den Tod auf den Straßen werden. Die Grünen entdecken die Verkehrssicherheit, das Ziel lautet: null Verkehrstote, „Vision Zero“ genannt. Warum jetzt? Die Zahl der Unfallopfer geht ohnehin seit Jahren zurück. Die schnelle Antwort: Leben retten verkauft sich gut, so kurz vor den Neuwahlen. Und kommt als Forderung besser, als immer nur die Umwelt zu retten.

Alles reiner Populismus? Es hat sich doch schon viel getan. Jeder schnallt sich an. Autos haben vier Airbags, die Rettungsmedizin ist perfektioniert. Und es ist möglich, dass die Autokonzerne von sich aus weiter an der Sicherheitstechnik tüfteln. So überleben mittlerweile die meisten, die 1970 noch gestorben wären. Aber: Viele bleiben gezeichnet. So ist die Zahl der Schwerstverletzten, der Querschnittsgelähmten etwa, nicht zurückgegangen. Solche unbequemen Statistiken verdrängen Verkehrspolitiker lieber. Auch die Grünen.

Nun legt sich die Partei, die – ärgerlich genug – die Verkehrswende weg von der Straße, hin zur Schiene aufgab, endlich wieder mit den Autofahrern an. Sie will ihnen Tempolimits verschreiben, sie besser kontrollieren. Das ist sehr gut und keineswegs populär. Im Gegenteil. Die Politik maßregelt damit nämlich diejenigen, die sich tatsächlich sicherer fühlen dürfen: die Insassen von bulligen Geländewagen oder Lastwagen etwa. Fürchten müssen sich auf deutschen Straßen heutzutage vor allem Kinder, Fußgänger, Radfahrer, all diejenigen, denen keine eingebaute Knautschzone hilft.

Das liegt daran, dass die rot-grüne Bundesregierung die Sicherheit im Straßenverkehr falsch verstanden hat. Ihr rückwärtsgewandtes Credo: Der Verkehr ist wie er ist, der Mensch muss sich ändern. Daraus sind in den letzten Jahren kaum mehr Ideen entstanden als ein paar Plakate, von denen Geier auf die Autobahn starren, Aufschrift „Gelassen läuft’s“. Mit einer Auto-SPD und vor allem dem Auto-Kanzler war nicht mehr zu machen. Nein – „gelassen“ läuft gar nichts. Dazu hätten sich die Grünen schon in den letzten Jahren bekennen müssen. Dass sie das nicht getan haben, das war reiner Populismus. HANNA GERSMANN