meinungsstark
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Liste des Versagens

„Wohlfühltermin für Merkel“, taz vom 8. 6. 22

Sechs Monate hatte Angela Merkel sich nicht in der Öffentlichkeit gezeigt. Und nun dieser denkwürdige Auftritt, bei dem die Kanzlerin a. D. mit sich und ihrer Regierungszeit offenbar komplett im Reinen zu sein schien. Kurios! Denn:­Die prall gefüllte Kriegskasse Putins ist ein Erbe Merkels.

Die horrenden Energiepreise sind ein Erbe Merkels.Die Inflation ist ein Erbe Merkels.Die marode Bahn ist ein Erbe Merkels. Die maroden Autobahnen sind ein Erbe Merkels. Man könnte diese Liste des Versagens der Kanzlerin mit ihrer kernkorrupten Union fortsetzen. Kurz gesagt: Merkel und ihre Partei haben eine katastophale Bilanz ihrer Amtszeit hinterlassen. Stefan Bluemer, Essen

Akzentverschiebung

„Nicht wer, sondern was man tut“, taz vom 13. 6. 22

„Niemand, der bei Verstand ist, erzieht seine Kinder heute noch“. Mit dieser Feststellung bringt Ariane Lemme in liebevoller Absicht eine gesellschaftliche Akzentverschiebung im Umgang mit Kindern auf den Punkt und fährt folgendermaßen fort: „Die meisten bauen zum Glück inzwischen einfach eine Beziehung zu ihren Kindern auf, wie man das mit geliebten Menschen halt macht.“ Kinder, die so aufwachsen, erleben, dass sie respektiert und in ihren Fähigkeiten gefördert werden – und das ist auch gut so! Leider hat das jedoch nicht automatisch zur Folge, dass Kinder sich selbst respektvoll verhalten. Als Lehrerin erlebe ich täglich, dass meine Fünftklässler_innen mir zwar rational sehr gut erklären können, was Respekt ist und woran man respektvolles Verhalten erkennt, und das auch für sich einfordern. Es fällt ihnen jedoch oft sehr schwer, eigene Respektlosigkeit selbst auch als solche zu erkennen. Die für den respektvollen alltäglichen Umgang miteinander notwendigen Verhaltensweisen wie Höflichkeit und Rücksichtnahme bringen! sie oft nicht mehr mit. Die Folge ist, dass wir das in der Schule mühsam jeden Tag neu mit ihnen üben müssen – ich würde meine Kraft jedoch viel lieber in fantasievollen Unterricht stecken! Imke Fischbeck, Berlin

Gegen Klientelpolitik

„Staat hat sich machtlos gemacht“,

taz vom 13. 6. 22

In ihrem Amtseid schwören Minister*innen, dass sie ihre „… Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden …“ – und doch gibt es nun ein Gesetz, das es den Mineralölkonzernen ermöglicht, sich Steuermilliarden einzuverleiben, die für Au­to­fah­re­r*in­nen gedacht waren. Nun zahlen die Au­to­fah­re­r*in­nen nach wenigen Tagen so viel wie zuvor – und die Steu­er­zah­le­r*in­nen legen noch weitere Milliarden drauf.

Der Amtseid ist nicht justiziabel – und damit, offen gesagt, auch nichts wert. Kein Politiker wird deswegen verurteilt. Zum einen ist das verständlich, weil Prozesse der politischen Willensbildung die Grundlage der Entstehung von Recht sein sollten – und nicht das Recht das Gängelband der politischen Willensbildung sein darf. Dennoch braucht es während einer Legislaturperiode mehr Verbindlichkeit für Politiker*innen, zum Beispiel durch eine verbindliche Beteiligung von repräsentativ ausgewählten Bür­ge­r*in­nen im Prozess der politischen Willensbildung – auch auf Bundesebene. Das würde dem Dialog zwischen Bür­ge­r*in­nen und Politiker*innen, es würde den Ergebnissen der Politik und damit auch unserer Demokratie gut tun.

Steffen Joas, Freiberg am Neckar